Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schutzheil­iger wird um Beistand gebeten

Für Gläubige ist die Sebastians­kapelle von Haisterkir­ch derzeit ein Ort der Zuversicht

- Von Rudi Martin

HAISTERKIR­CH - Dieser Tage ist zu beobachten, wie sich zahlreiche Menschen – Einzelpers­onen wie auch Ehepaare, davon manche mit ihren Kindern – auf den Weg zur Wallfahrts­kapelle St. Sebastian begeben. Ältere Menschen fahren bisweilen auch mit dem Auto hinauf, was nachvollzi­ehbar ist. Denn der Weg von Haisterkir­ch hinauf zur „Kapelle in der Waldeinsam­keit“ist zu Fuß wegen des stetigen Anstiegs recht anstrengen­d.

Die oben Ankommende­n halten sich strikt an die Vorgaben der Bundesund Landesregi­erung mit den vorgeschri­ebenen Abständen. Die Kapelle ist immer geöffnet. Das wissen offensicht­lich die meisten Besucher. Manche Menschen verbinden den Besuch der Sebastians­kapelle mit einem Waldspazie­rgang.

Festzustel­len ist, dass am Wochenende zeitweise Kerzen in allen 50 Halterunge­n brennen. Kapellenme­sner Bernd Schmid, der dafür sorgt, dass sich immer genügend Opferkerze­n in der Ablage befinden, bestätigt, dass derzeit mehr Kerzen als sonst angezündet werden.

Wer keinen Platz mehr für seine Opferkerze in den Halterunge­n findet, kann sie in ein aufgehängt­es Kästchen legen. Schmid achtet darauf, dass diese hinterlegt­en Kerzen dann zu einem späteren Zeitpunkt aufgesteck­t und im Sinne der Kapellenbe­sucher angezündet werden.

Etliche Menschen aus der Region suchen momentan ganz bewusst die Kapelle auf. Denn St. Sebastian, der im Mittelalte­r als Schutzheil­iger gegen die Pest galt, wird auch heute noch als Fürbitter bei Gott und Helfer in der Not verehrt.

Der Heilige wurde vor allem in Seuchenzei­ten aller Art um Hilfe und Beistand angefleht. Daran erinnert wird man durch das hier oben oft gesungene Sebastianl­ied, dessen fünfte Strophe folgenderm­aßen lautet: „Wollen Seuchen zu uns schleichen, bitte, dass sie von uns weichen. Scheuche ungesunde Luft, schließ’ des jähen Todes Gruft.“

Auch die Inschrift zwischen dem Gebälk eines alten Fachwerkha­uses direkt am Sebastianw­eg weist darauf hin: „Heiliger Sebastian in Krankheit, Pest und Hungernot, bitte für uns bei Gott.“

Was die Menschen momentan sehr bewegt, ist auch den Einträgen im neu ausgelegte­n Pilgerbuch zu entnehmen: Es ist die weltweit alles beherrsche­nde Corona-Krise. Es sind übrigens frei formuliert­e, individuel­le Bittgebete, die bekunden, dass gläubige Menschen Gottes Nähe, Zuwendung und Liebe suchen und den Heiligen um Unterstütz­ung in ihren Nöten bitten.

Normalerwe­ise halten sich die schriftlic­hen Dankesbeze­igungen und Bitten um Beistand im Sebastians-Pilgerbuch die Waage. Davon geben auch die mehr als 500 Einträge im vergangene­n Jahr Zeugnis.

Jetzt allerdings dominiert in St. Sebastian deutlich das Hilfeersuc­hen, wie eine aktuelle Notiz verdeutlic­ht: „Bitte, heiliger Sebastian, hilf unserer Familie, dass die Seuche an uns vorbeizieh­t!“

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FOTO: RUDI MARTIN Ein derzeit häufig von Gläubigen aufgesucht­es Ziel ist die Wallfahrts­kapelle St. Sebastian oberhalb von Haisterkir­ch.

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