Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Bei einem Saisonabbr­uch drohen Klagen

Vorzeitige­s Ende im Amateurfuß­ball nicht in der Spielordnu­ng geregelt

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DORTMUND/STUTTGARt (dpa/SID/ sz) - Der deutsche Amateurfuß­ball tut sich weiter schwer mit möglichen Saisonabbr­üchen wegen der Coronaviru­s-Pandemie. Offenbar fürchten die Verbände Klagewelle­n, sollte in den Ligen von den Regionalli­gen abwärts die Spielzeit vorzeitig beendet werden. In den Spielordnu­ngen ist ein vorzeitige­r Saisonabbr­uch nicht geregelt. „Genauso wenig wie bei der DFL für die Lizenzlige­n ist dieser Fall unter dem Dach des DFB vorgesehen“, sagte der Sportrecht­ler Markus Buchberger den „Ruhr Nachrichte­n“.

Um dies zu regeln, müsste zudem erst der Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) tagen. „Wir können das jetzt auch nicht schnell aufschreib­en. Dafür bräuchten wir einen Bundestags­beschluss“, sagte der Vorsitzend­e des DFB-Spielaussc­husses Manfred Schnieders. Die DFBLandesv­erbände, darunter auch der Württember­gische Fußball-Verband (WFV) hatten sich wegen der CoronaKris­e darauf verständig­t, den Spielund Trainingsb­etrieb abwärts der Regionalli­gen bis auf Weiteres auszusetze­n. Betroffen sind davon neben den vielen Vereinen in den Kreis- und Bezirkslig­en unter anderem auch der FV Ravensburg in der Oberliga, der fünfthöchs­ten Liga. Wegen des Zwangsstop­ps hatten die Ravensburg­er Kurzarbeit für ihre angestellt­en Mitarbeite­r beantragt, die Trainer und Spieler verzichten auf Teile ihrer Löhne.

Die Saison ohne Zuschauer fortzusetz­en, scheint vor allem in den höheren Ligen, wo die Clubs besonders von Zuschauere­innahmen abhängig sind, unrealisti­sch. Bei einem Saisonabbr­uch könnten Sponsoren Geld zurückverl­angen und klagen. „Der DFB und die unter ihm angesiedel­ten Verbände dürfen eine Absage der Restsaison nur als letztes Mittel festlegen, auch um sich gegen solche Ansprüche zu schützen“, sagte Buchberger.

Sollte es zu einem Saisonabbr­uch kommen, gäbe es weitere Fragen, die dringend geklärt werden müssten. Etwa

die Frage nach dem Auf- und Abstieg. Dazu stehen viele Vereine jetzt schon vor finanziell­en Schwierigk­eiten. DFB-Vizepräsid­ent Rainer Koch hat im Zuge der Corona-Krise staatliche Hilfen für den Amateurfuß­ball gefordert. Für ihn habe Priorität, dass 25 000 Vereine in Deutschlan­d „in ihrer Existenz gesichert“würden, sagte Koch der ARD-„Sportschau“. „Deswegen die klare Aufforderu­ng: Hier muss auch die Politik, hier müssen die Länder, hier müssen die Kommunen unterstütz­end eingreifen. Allein werden es viele gemeinnütz­ige Vereine nicht schaffen zu überleben“, betonte der 61 Jahre alte Jurist. Der DFB könne diese Hilfe nicht leisten, so Koch: „Wenn unser Schatzmeis­ter nur jedem dieser Vereine 2000 Euro zukommen lassen würde, wären das 50 Millionen. Das wäre für den DFB nicht ansatzweis­e verkraftba­r.“Dazu wären 2000 Euro dauerhaft nicht genug.

Dagmar Freitag, die Vorsitzend­e des Sportaussc­husses des Bundestage­s, steht derartigen Forderunge­n, wie etwa auch dem Ruf des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s nach einem Notfallfon­ds für den Sport mit Steuermitt­eln, eher zurückhalt­end gegenüber. „Wenn der Dachverban­d des deutschen Sports um Hilfe ruft, weiß ich nicht, ob immer gleich der Steuerzahl­er als erster der Adressat sein sollte“, sagte Freitag dem Deutschlan­dfunk und ergänzte: „Da würde ich mir schon wünschen, dass man gerade innerhalb der großen Sportfamil­ie die Hilfe zur Selbsthilf­e entdeckt.“Dabei denkt Freitag etwa an andere Institutio­nen. „Es wäre ja auch mal eine Idee, an den Internatio­nalen Dachverban­d, nämlich das Internatio­nale Olympische Komitee heranzutre­ten, wo ja bekanntlic­h durchaus größere Summen in der Regel auf dem Konto sind.“Der DOSB hatte Anfang der Woche bereits einen eigenen Solidarfon­ds zur Förderung der „Vielfalt des Vereins- und Verbandspo­rts“in Krisenzeit­en mit einer Million Euro aufgelegt.

Am Freitag hatte der WFV zusammen mit dem Badischen und dem Südbadisch­en Verband mitgeteilt, dass der Spielbetri­eb im Amateurfuß­ball auf unbestimmt­e Zeit ausgesetzt ist – bis dato war vom 19. April die Rede. „Eine Wiederaufn­ahme erfolgt mit einer Vorankündi­gungsfrist von mindestens 14 Tagen“, hieß es in der Mitteilung. Damit soll den Vereinen genug Vorlauf und Planungssi­cherheit gegeben werden. „Wir sind davon überzeugt, dass der organisier­te Fußball selbstvers­tändlich seinen Beitrag leisten und insofern alles unterlasse­n muss, was ein Ansteigen der Infektions­zahlen begünstigt. Gleichzeit­ig sind wir uns der Verantwort­ung für unsere rund 3500 Vereine und 1,1 Millionen Mitglieder in Baden-Württember­g absolut bewusst“, sagte WFVPräside­nt Matthias Schöck.

„Alleine werden es viele gemeinnütz­ige Vereine nicht schaffen zu überleben.“

DFB-Vizepräsid­ent Rainer Koch

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FOTO: WFV Matthias Schöck, Präsident des Württember­gischen Fußballver­bands.

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