Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Virus bedroht den Sommerurlaub
Ärztepräsident Reinhardt bezweifelt, dass Reisen bis zur Ferienzeit wieder möglich sind
BERLIN (dpa) - Der Osterurlaub fällt dieses Jahr definitiv ins Wasser. Aber können die Menschen wenigstens ihren Sommerurlaub planen? Ärztepräsident Reinhardt ist da skeptisch. Doch nicht alle wollen die Ferienreise schon jetzt verloren geben. Denn auf die Reisebranche hätte das eine fatale Wirkung.
Wegen der Corona-Krise müssen die Menschen nach Einschätzung von Ärztepräsident Klaus Reinhardt in diesem Jahr wahrscheinlich auch ihren Sommerurlaub abschreiben. „Ich glaube nicht, dass die Deutschen in diesem Sommer schon wieder Urlaubsreisen machen können“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer am Mittwoch. Reinhardt sagte, selbst bei schrittweiser Rückkehr in den Alltag werde die Pandemie das Land noch bis zum Sommer beschäftigen. „Darum glaube ich, dieser Sommer wird anders. Wir werden wohl nicht wie gewohnt ins Auto, in den Zug oder ins Flugzeug steigen und in die Ferien fahren.“Auch würden Urlaubsländer wie Italien oder Spanien die Probleme noch nicht soweit gelöst haben, dass Tourismus wieder möglich sei. „Ich hoffe aber sehr, dass wir das in Teilen in den Herbstferien machen können – und erst recht im kommenden Jahr“, fügte Reinhardt hinzu.
„Jetzt bereits die gesamte Sommersaison verloren zu geben, das würde ich für übertrieben halten“, sagte dagegen Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz. In Bayern erwarten die Verantwortlichen, dass sich die Besucherzahlen zumindest ab dem Sommer langsam wieder stabilisieren. „Wir haben die Hoffnung, dass in der zweiten Jahreshälfte der Tourismus wieder an Fahrt gewinnt“, teilte die Bayern Tourismus Marketing mit. Bernhard Joachim vom Allgäuer Tourismusverband sagte: „Wir hoffen, im Laufe des Mai, hoffentlich bis Pfingsten, dass wir zumindest in Teilen wieder starten können.“
Österreich – eines der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen – rechnet jedenfalls nicht damit, dass in diesem Sommer viele ausländische Touristen kommen. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) rief deshalb die Österreicher am Mittwoch zu Urlaub im eigenen Land auf. Da ausländische Touristen bisher für 75 Prozent der Übernachtungen sorgten, sollten die Österreicher selbst wenigstens etwas Abhilfe schaffen und einen Urlaub in der Heimat erwägen.
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, warnte vor massiven Folgen für die Reisebranche, sollte es im Sommer immer noch massive Einschränkungen geben. Eine seriöse Einschätzung der Lage im Juli oder August könne heute niemand vornehmen, sagte der CDU-Politiker. „Wir werden aber sicher erst Schritt für Schritt das Wirtschaftsleben wieder hochfahren. Sollte die Sommerreisezeit in Gefahr sein, so bedeutet das für die Tourismuswirtschaft, die Hotels und Restaurants eine kaum vorstellbare Katastrophe.“Reiseveranstalter hoffen trotz der Ungewissheit über die Entwicklung der CoronaPandemie weiter auf das Sommerreisegeschäft. „Wir teilen den Wunsch vieler Urlauber, dass auch das Reisen im Rahmen der Lockerungen bald wieder möglich sein wird“, erklärte Branchenprimus Tui. Es gebe weiter ein großes Interesse zu verreisen oder ausgefallene Urlaube nachzuholen. Wie andere Veranstalter auch, bietet Tui seinen Kunden aktuell an, Reisen im Mai kostenlos auf spätere Abreisen zu verschieben. Bei DER Touristik läuft die Aktualisierung der Reiseangebote für Sommer, Herbst und Winter auf Hochtouren. Die Planung des Reisesommers 2020 habe aber eine große Unbekannte: Die Dauer der weltweiten Reisewarnung des Auswärtigen Amts, sagte Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef von DER Touristik. Diese gilt vorerst bis Ende April.
Wie es mit Inlandsreisen weitergeht, hängt von den Vorgaben ab, die die einzelnen Bundesländer erlassen. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, wurden Übernachtungsund Einreiseverbote erlassen.
Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern hat derweil einen Vorschlag gemacht, um die Folgen für die Branche abzumildern: Eine einmalige Verschiebung aller Sommerferientermine auf August und September. Dann seien vermutlich mehr Räume für Ferien- und Freizeitgestaltung wieder freigegeben als im Juni und Juli, sagte der Geschäftsführer des Landestourismusverbands, Tobias Woitendorf.