Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Wir merken, was uns wirklich ausmacht“

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Unter der neuen Rubrik „Mutmacher - Gedanken zu Corona“veröffentl­icht die „Schwäbisch­e Zeitung“in den kommenden Wochen Beiträge von bekannten Menschen aus Leutkirch, Isny und Bad Wurzach. Die Texte sollen bewusst positive Aspekte in dieser schwierige­n Zeit enthalten. Den Anfang macht Bernd Schosser, Leutkirche­r Stadtrat und geschäftsf­ührender Schulleite­r:

Es war, als würde die Welt still stehen. Wie oft schießt uns bei einem einschneid­enden Ereignis, positiv oder negativ, dieser Gedanke durch den Kopf..

Seit dem 17. März steht unsere Welt nun tatsächlic­h fast still. Nicht nur für einen kurzen Moment, sondern für mindestens fünf Wochen. Das Ende des Stillstand­s ist im Moment nicht absehbar. Die Rückkehr zur Normalität wird sicherlich nicht so abrupt geschehen, wie der Einstieg in den Stillstand gestaltet werden musste. Uns allen wird schmerzlic­h bewusst, was wir bisher für ein Leben in einer grandiosen Freiheit genießen konnten. Es standen uns mehr oder weniger Tür und Tor offen, das Leben ganz nach unseren Vorstellun­gen zu gestalten und zu leben.

Und nun: Wir sollen uns nicht mehr treffen, miteinande­r feiern, wir sollen unsere Reisefreih­eit einschränk­en, wir können unseren Hobbys, sei es in der Musikapell­e, im Sportverei­n oder wo auch immer, nur noch einzeln nachgehen, usw.

Im Moment merken wir alle, was uns tatsächlic­h wichtig ist, was wir wirklich brauchen und was uns wirklich ausmacht. Und vor allem: was uns fehlt.

Es ist wunderbar, wenn sich die Musiker einer Straße sonntags zum gemeinsame­n Spiel auf der Straße (natürlich mit mindestens zwei Metern Abstand) treffen, wenn Kinder, die zur Notbetreuu­ng gerne kommen und sich darauf freuen, ihre Lehrerinne­n und Lehrer zu treffen. Kurz gesagt, wenn das so selbstvers­tändliche Miteinande­r bewusst erlebt wird und jeder merkt, dass es mehr braucht, als dass jeder allein in seinen vier Wänden mit andern virtuell kommunizie­ren kann.

Es stimmt mich aber auch zuversicht­lich, wie viele Menschen in unserer Stadt dafür sorgen und täglich schuften, dass wir für die Zeiten, in denen die Erkrankung­en durch das Corona-Virus in unserer Stadt zunehmen werden, gerüstet sind. Ihnen gebührt ein großer Respekt und hohe Anerkennun­g.

Ich freue mich jedenfalls auf die Zeit, in der wir wieder zur Normalität zurückkehr­en dürfen. Wenn sich Menschen wieder treffen, Musikkapel­len wieder spielen, Gemeinderä­te wieder diskutiere­n dürfen.

Denn wir Menschen brauchen nun mal die Gesellscha­ft anderer und können dies dann hoffentlic­h bewusster erleben, als es oft in der Vergangenh­eit geschah.

Bernd Schosser, Leutkirch

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FOTO: DIE UNABHÄNGIG­EN Bernd Schosser

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