Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Seriendiebe stehen vor Gericht
Acht Männer sollen über Hundert Paletten bei Memminger Spedition gestohlen haben
MEMMINGEN - Eine Bande von mutmaßlichen Seriendieben steht am 4. Mai vor dem Amtsgericht. Den acht Männern wird vorgeworfen, im vergangenen Jahr bei einer Memminger Spedition über hundert Paletten mit hochwertiger Markenware gestohlen zu haben. Im Zusammenhang mit den Diebstählen hatte das Unternehmen zwei Betriebsräten gekündigt – nach einer Prüfung durch Arbeitsgerichte die Kündigungen inzwischen aber wieder zurückgenommen.
Laut Staatsanwaltschaft Memmingen zogen sich die Straftaten über mehrere Monate hin. Wohl immer in der Nachtschicht verschwand Ware, die von Memmingen aus weiter transportiert werden sollte. Im Verdacht stand auch eine Handvoll der insgesamt mehreren hundert Mitarbeiter der Speditionsniederlassung. Deren Leitung hatte gezielt das Personal und auch mehrere Betriebsräte angesprochen, ob sie etwas mitbekommen hätten – was diese verneint haben sollen. Zwei Betriebsräte bekamen daraufhin die Kündigung – weil für die Geschäftsleitung klar war, dass sie doch mehr gewusst hätten und sich nicht loyal verhalten hätten.
Zu Details äußert sich die Logistikfirma nicht, betont jedoch in einer Mitteilung: „Aus unserer Sicht war die arbeitsgerichtliche Prüfung, ob wir zwei Mitarbeiter des Standorts Memmingen kündigen dürfen, ohne Alternative. Die Details der Verstöße gegen interne Regeln wollen wir aus Rücksicht auf die beiden Mitarbeiter nicht öffentlich machen.“Gesprächiger ist da die Gewerkschaft ver.di, die den Fall öffentlich machte. Der zuständige Gewerkschaftssekretär Robin Faber räumt auf Nachfrage der Memminger Zeitung zwar ein, dass einer der Betriebsräte von Diebstählen „gehört“habe, er das aber nur für „Gerüchte und nichts Konkretes“gehalten habe – und es daher auch keine Meldung an die Geschäftsleitung gegeben habe. Später habe der Betriebsrat dann wohl doch den Hinweis auf „Schwund“weitergegeben – die Geschäftsführung hätte aber zunächst nicht reagiert. Faber sieht im Vorgehen des Arbeitgebers „den Versuch, aktive Gewerkschafts- und Betriebsratsarbeit in der Niederlassung Memmingen zu unterbinden“. Offenbar sollte ein Exempel an den beiden unbequemen Betriebsräten statuiert werden, so Faber.
Die Spedition betont hingegen, dass sie als Familienunternehmen „großen Wert auf das faire Miteinander und die Gleichbehandlung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Betrieben“lege. „Mit unseren Betriebsräten arbeiten wir eng und vertrauensvoll zusammen“, hieß es. Man werde gegen die beiden Betriebsräte auch keine weiteren Maßnahmen unternehmen.
Die hingehaltene Hand nimmt ver.di-Sekretär Faber an: „Gerade in diesen schwierigen Corona-Zeiten ist es zwingend nötig, gut zusammen zu arbeiten.“Es sei aber aufgrund der Vorkommnisse beziehungsweise des Umgangs „schwierig, wieder ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu bekommen“.
Die strafrechtliche Aufklärung des Falls könnte relativ schnell über die Bühne gehen. Die Tatverdächtigen seien weitgehend geständig und daher inzwischen auch alle wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden, hieß es von der Staatsanwaltschaft in Memmingen. Die Behörde hatte im vergangenen Jahr eine Videoüberwachung in der Spedition erlaubt, nachdem Taschenkontrollen zu keinem Erfolg geführt hatten. Mittels der Technik kamen die Fahnder den mutmaßlichen Tätern auf die Spur und nahmen die Bande im November fest. Sie soll einen Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich angerichtet haben, so die Staatsanwaltschaft.