Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Schüler beobachten ein Jahr lang die Natur
5. Klasse des HMG gewinnt Naturtagebuch-Wettbewerb – Begegnungen mit Eulen, Fröschen und Katzen
LEUTKIRCH/HERLAZHOFEN - Die letztjährige 5. Klasse des Leutkircher Hans-Multscher-Gymnasiums hat beim Naturtagebuch-Wettbewerb des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) in der Kategorie Klassentagebücher in Baden-Württemberg den ersten Platz erreicht. Stellvertretend für ihre Klassenkameraden erklärt die Schülerin Hannah Bühler im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, wie sie das Beobachten der Natur über viele Monate erlebt hat – und weswegen sie nach einem Kurzausflug zum Bach sogar zum Arzt musste.
Für den Wettbewerb der BUNDJugend nehmen Kinder zwischen acht und zwölf Jahren die Natur ganz genau in den Blick. Sie beobachten über mehrere Monate ein Tier, eine Pflanze oder einen Lebensraum. Ihre Beobachtungen und Erlebnisse halten sie in ihren Tagebüchern fest. Sie erkunden beispielsweise das Leben in und um einem Kastanien- oder Walnussbaum. Oder beobachten Tomatensamen von der Einsaat bis zur Ernte. Hannah Bühler hat sich für einen Platz an dem Bach entschieden, der in ihrem Heimatort Herlazhofen, nicht weit von ihrem zu Hause, verläuft. „Eigentlich heißt dieser Bach Nellenbach, aber bei uns in Herlazhofen nennen ihn alle Bachtel“, erklärt Hannah.
„Mein Stück Natur ist ein sehr schöner Platz. Viele Blätter sind noch grün, manche schon etwas gelb.
Der Bachtel hat kein Wasser. Viele Steine, Äste, Blätter und Eicheln liegen in diesem Bach. Ich höre auch die Blätter rascheln. Sonst ist es ruhig. Ich höre keine Autos und andere Geräusche.“Beim ersten Tagebucheintrag Anfang Oktober kann Hannah noch kein Wasser erkennen. Das wird sich aber noch ändern. Ab diesem Tag im Oktober ist Hannah jede Woche mindestens einmal zur Stelle am Bach gegangen und hat die Beobachtungen anschließend in ihr Naturtagebuch eingetragen. „Ich habe dann immer geschaut, was sich verändert hat und ob Tiere da sind.“
Am aufregendsten war dort die Begegnung mit einer Katze, erinnert sich Hannah. Die habe so lieb ausgeschaut, dass sie näher zu ihr hingegangen ist – und dann habe die Katze sie plötzlich gebissen. Zur Sicherheit sei sie mit ihrer Mutter dann gleich zum Arzt gegangen.
Überrascht worden ist sie einmal von einer Eule, die so schnell wieder weg war, dass sie sie nicht fotografieren konnte, erzählt die HMG-Schülerin. Auf einem Foto „erwischt“und sogar auf die Hand nehmen konnte die Zwölfjährige dagegen einen Frosch, der ihr am Bach begegnet ist. In besonderer Erinnerung geblieben ist ihr auch der „kleine See“, der sich nach der Schneeschmelze neben dem Bach gebildet hat.
Andere Schüler der Klasse gingen das Projekt experimenteller an und haben beispielsweise eine Wetterstation gebastelt, schreibt der Veranstalter des Wettbewerbs. Wiederum ein anderer sei vom Forscherdrang gepackt worden und habe sich um 5 Uhr morgens auf die Lauer gelegt, um die Tiere im Garten zu beobachten und ein paar gute Schnappschüsse zu machen. „Das was die Schüler einzeln und als Klasse geleistet haben, ist wirklich bemerkenswert. Der Eifer und Einfallsreichtum der Schüler war groß. Es ist schön zu sehen, dass die Kinder ihr Stück Natur immer mehr ins Herz geschlossen und wertgeschätzt haben“, so das Urteil der Jury.
Begleitet wurde die Aktion im vergangenen Schuljahr von den beiden HMG-Lehrerinnen Michaela Kern und Sandra Gehrke. Sie haben auch von allen drei damaligen 5. Klassen der Schule die jeweils acht besten Naturtagebücher ausgesucht, mit der die gesamte Klassenstufe dann am Wettbewerb teilgenommen hat, erklärt Gehrke. Das HMG habe schon öfter mit Klassen an dem Wettbewerb teilgenommen. Das Projekt Naturtagebuch ist dabei auch in den Unterricht eingegliedert worden, sagt Gehrke. Teilweise auch fächerübergreifend, im Geografie-Unterricht wurden beispielsweise Landkarten für das Tagebuch erstellt. „Ich finde es sinnvoll, dass sich die Schüler mit einem Naturstück das ganze Jahr beschäftigen“, erklärt die Lehrerin.
Ihre verdienten Preise haben die HMG-Schüler, die inzwischen in der 6. Klasse sind, übrigens noch nicht erhalten. Um die Weiterverbreitung des Coronavirus möglichst zu verhindern, wurde die Preisverleihung in diesem Jahr abgesagt und die Preise per Post verschickt. Und kurz nachdem die Preise in der Schule angekommen sind, musste diese schließen, berichtet Gehrke.
Die Projektleiterin des Wettbewerbs, Ladi Oblak, hat in der Zeit, die sie für den Wettbewerb arbeitet, laut Mitteilung des BUND viele Hunderte Tagebücher durchgesehen: „Beim Durchblättern der Naturtagebücher spüren wir, wie die Kinder bereits nach kurzer Zeit des Beobachtens fasziniert sind von dem, was sie alles in der Natur entdecken. Ich bin überzeugt: Diejenigen, die als Kind ein Naturtagebuch geführt und voller Stolz bei der BUND-Jugend eingereicht haben, entwickeln für die Natur ein ganz besonderes Gespür und schließen sie ins Herz.“