Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Auch der Ramadan wird besonders
Wie die muslimische Gemeinde die Fastenzeit in der Corona-Krise begeht
BAD WURZACH In einer knappen Woche, am 24. April, beginnt der Ramadan. Doch auch die Muslime können ihren Fastenmonat in diesem Jahr nicht so wie gewohnt begehen, erzählt Fuat Karaismailoglu, Vorsitzender des Türkischen Bildungs- und Kulturzentrums (TBK) in Bad Wurzach.
„Es ist eine schwierige Zeit“, sagt er. Bereits seit Mitte März hat die für die Moscheen zuständige Organisation Ditib alle Gottesdienste, die sogenannten Freitagsgebete, abgesagt. „Es geht darum, das hohe Gut Gesundheit aller Menschen zu schützen“, begrüßt Karaismailoglu diese Entscheidung.
Nun werde auch der Ramadan, wie es der TBK-Chef ausdrückt, „sehr trocken“ablaufen. Normalerweise verzichten die Muslime von Sonnenaufbis Sonnenuntergang auf Nahrung, Getränke und Genussmittel. Sie versammeln sich dafür jeden Abend zum Gebet und dem anschließenden Fastenbrechen in geselliger Runde oder im größeren Familienkreis. „Das Fasten zählt zusammen mit dem Glaubensbekenntnis, dem Gebet, dem Almosengeben und der Wallfahrt zu den fünf Säulen des Islams“, erklärt Karaismailoglu. Das Fasten sei dabei als Reinigung von Körper und Seele gedacht. „Das Fastenbrechen am Abend wird in diesem Jahr nur im engsten Familienkreis, also mit denen, die unter einem Dach wohnen, möglich sein“, bedauert Karaismailoglu. „Normalerweise geschieht dies, indem man Verwandtschaft besucht oder von ihr besucht wird.“An den beiden Bad Wurzacher Moscheen stehen während des Ramadans auch Zelte, in denen sich die Gläubigen treffen. „Oft tun wir dies auch mit unseren deutschen Freunden“, berichtet Karaismailoglu. „In diesem Jahr hatte ich bereits Prominenz aus Politik und Wirtschaft, wie den Landrat und unseren Generalkonsul, eingeladen. Leider musste das auch abgesagt werden.“
Geselliger Höhepunkt und Abschluss des Ramadans, in diesem Jahr ist dies der 23. Mai, ist das Bayramoder Zuckerfest. Auch zu diesem werden nach dem Gebet in der Moschee Verwandte besucht und vor allem die Kinder werden beschenkt. „Für die Kinder ist das natürlich eine ganz besondere Freude.“Aber auch dieses Fest wird aufgrund der Pandemie wesentlich kleiner ausfallen müssen. Gefeiert werden kann auch hier nur in der Hausgemeinschaft.
Der Ditib hat wegen der CoronaKrise auch besondere Empfehlung bezüglich des Fastens ausgesprochen. Kranke seien ohnehin vom Fasten befreit, sagte Generalsekretär Abdurrahman Atasoy der Deutschen PresseAgentur. „Dieses Jahr empfehlen wir zusätzlich auch jenen, die sich zwar gesund fühlen, aber zur sogenannten Risikogruppe zählen und sich körperlich nicht fit genug empfinden, ebenfalls auf das Fasten zu verzichten.“Die Gesundheit habe Vorrang. Als Risikogruppen gelten vor allem ältere und vorerkrankte Menschen. „Wenn sich die Gläubigen unsicher sind, ob sie fasten sollten, sollen sie ihren Arzt konsultieren“, riet Atasoy vom DitibBundesverband in Köln.
Um die Ausbreitung des Coronavirus weiterhin im notwendigen Maße verlangsamen zu können, sei dies alles, so bitter es ist, nötig, so Karaismailoglu. „Die Krankheit betrifft uns alle, und wir müssen alle unseren Teil dazu beitragen, dass die Zahl an Infizierten nicht steigt und die bereits Kranken schnell wieder genesen.“
„Die Christen konnten vor Kurzem ihr Osterfest nicht in gewohnter Weise feiern, und auch wir Muslime haben das sehr bedauert und mit unseren Freunden mitgefühlt. Nun trifft es eben uns mit dem Ramadan“, zieht Karaismailoglu einen Vergleich. Und so würden sich die Muslime in der Stadt auch darüber freuen, wenn am Abend die Kirchenglocken zum Gebet aufrufen. Vielleicht, so hofft Karaismailoglu, sei es künftig möglich, dass in diesen Gebetsaufruf auch die Muezzine der beiden Bad Wurzacher Moscheen einstimmen dürfen. „Das wäre auch für uns Muslime in der Stadt eine große moralische Stütze und eine gute Botschaft an alle Menschen.“