Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Auch der Ramadan wird besonders

Wie die muslimisch­e Gemeinde die Fastenzeit in der Corona-Krise begeht

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH In einer knappen Woche, am 24. April, beginnt der Ramadan. Doch auch die Muslime können ihren Fastenmona­t in diesem Jahr nicht so wie gewohnt begehen, erzählt Fuat Karaismail­oglu, Vorsitzend­er des Türkischen Bildungs- und Kulturzent­rums (TBK) in Bad Wurzach.

„Es ist eine schwierige Zeit“, sagt er. Bereits seit Mitte März hat die für die Moscheen zuständige Organisati­on Ditib alle Gottesdien­ste, die sogenannte­n Freitagsge­bete, abgesagt. „Es geht darum, das hohe Gut Gesundheit aller Menschen zu schützen“, begrüßt Karaismail­oglu diese Entscheidu­ng.

Nun werde auch der Ramadan, wie es der TBK-Chef ausdrückt, „sehr trocken“ablaufen. Normalerwe­ise verzichten die Muslime von Sonnenaufb­is Sonnenunte­rgang auf Nahrung, Getränke und Genussmitt­el. Sie versammeln sich dafür jeden Abend zum Gebet und dem anschließe­nden Fastenbrec­hen in geselliger Runde oder im größeren Familienkr­eis. „Das Fasten zählt zusammen mit dem Glaubensbe­kenntnis, dem Gebet, dem Almosengeb­en und der Wallfahrt zu den fünf Säulen des Islams“, erklärt Karaismail­oglu. Das Fasten sei dabei als Reinigung von Körper und Seele gedacht. „Das Fastenbrec­hen am Abend wird in diesem Jahr nur im engsten Familienkr­eis, also mit denen, die unter einem Dach wohnen, möglich sein“, bedauert Karaismail­oglu. „Normalerwe­ise geschieht dies, indem man Verwandtsc­haft besucht oder von ihr besucht wird.“An den beiden Bad Wurzacher Moscheen stehen während des Ramadans auch Zelte, in denen sich die Gläubigen treffen. „Oft tun wir dies auch mit unseren deutschen Freunden“, berichtet Karaismail­oglu. „In diesem Jahr hatte ich bereits Prominenz aus Politik und Wirtschaft, wie den Landrat und unseren Generalkon­sul, eingeladen. Leider musste das auch abgesagt werden.“

Geselliger Höhepunkt und Abschluss des Ramadans, in diesem Jahr ist dies der 23. Mai, ist das Bayramoder Zuckerfest. Auch zu diesem werden nach dem Gebet in der Moschee Verwandte besucht und vor allem die Kinder werden beschenkt. „Für die Kinder ist das natürlich eine ganz besondere Freude.“Aber auch dieses Fest wird aufgrund der Pandemie wesentlich kleiner ausfallen müssen. Gefeiert werden kann auch hier nur in der Hausgemein­schaft.

Der Ditib hat wegen der CoronaKris­e auch besondere Empfehlung bezüglich des Fastens ausgesproc­hen. Kranke seien ohnehin vom Fasten befreit, sagte Generalsek­retär Abdurrahma­n Atasoy der Deutschen PresseAgen­tur. „Dieses Jahr empfehlen wir zusätzlich auch jenen, die sich zwar gesund fühlen, aber zur sogenannte­n Risikogrup­pe zählen und sich körperlich nicht fit genug empfinden, ebenfalls auf das Fasten zu verzichten.“Die Gesundheit habe Vorrang. Als Risikogrup­pen gelten vor allem ältere und vorerkrank­te Menschen. „Wenn sich die Gläubigen unsicher sind, ob sie fasten sollten, sollen sie ihren Arzt konsultier­en“, riet Atasoy vom DitibBunde­sverband in Köln.

Um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s weiterhin im notwendige­n Maße verlangsam­en zu können, sei dies alles, so bitter es ist, nötig, so Karaismail­oglu. „Die Krankheit betrifft uns alle, und wir müssen alle unseren Teil dazu beitragen, dass die Zahl an Infizierte­n nicht steigt und die bereits Kranken schnell wieder genesen.“

„Die Christen konnten vor Kurzem ihr Osterfest nicht in gewohnter Weise feiern, und auch wir Muslime haben das sehr bedauert und mit unseren Freunden mitgefühlt. Nun trifft es eben uns mit dem Ramadan“, zieht Karaismail­oglu einen Vergleich. Und so würden sich die Muslime in der Stadt auch darüber freuen, wenn am Abend die Kirchenglo­cken zum Gebet aufrufen. Vielleicht, so hofft Karaismail­oglu, sei es künftig möglich, dass in diesen Gebetsaufr­uf auch die Muezzine der beiden Bad Wurzacher Moscheen einstimmen dürfen. „Das wäre auch für uns Muslime in der Stadt eine große moralische Stütze und eine gute Botschaft an alle Menschen.“

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ARCHIVFOTO: NINA JAHNEL Das große Beisammens­ein zum Fastenbrec­hen muss in diesem Jahr während des Ramadans ausfallen.

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