Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Für Gewässer, Wiesen und Wälder wird es kritisch

Trockenhei­t bereitet Förstern und Landwirten Sorgen – Wetterwart­e Süd: „Satter Landregen ist nicht in Sicht“

- Von Karl-Heinz Schweigert

LEUTKIRCH - Verkehrte Welt auch im Allgäu: Während in Südeuropa verbreitet und ausgiebig bei gedämpften Temperatur­en Regen fällt, liegt der letzte nennenswer­te Niederschl­ag in der Region fast vier Wochen zurück. Stabile Hochdruckg­ebiete besorgen „exorbitant hohe Sonnenstun­den und Temperatur­en“, die weit über dem langjährig­en Mittel liegen, hinzu kommen noch eine geringe Luftfeucht­igkeit und „permanent wehende Ostwinde“– insgesamt also „alle vier Parameter, die zu extremer Trockenhei­t führen“, lautet die klare Einschätzu­ng von Roland Roth, Leiter der Wetterwart­e Süd in Bad Schussenri­ed, zum derzeitige­n Wettergesc­hehen. Dessen Ursache führt er auf den Klimawande­l zurück.

„Seit etwa 15 Jahren verringert sich der Temperatur­unterschie­d von Nord nach Süd, was als entscheide­nde Antriebskr­aft des Jet-Streams diesen in seiner Bewegung von West nach Ost erheblich bremst und seine mäandriere­nden Schleifen verbreiter­t“, erklärt Roth. Dies habe „eine längere Beharrlich­keit von Hochs und Tiefs“und damit eine Zunahme von Wetterextr­emen zur Folge. Aktuell sieht Roth für die nächste Zeit weder verbreitet­e Schauer noch den „dringend notwendige­n satten Landregen“vorher.

Kritisch schätzen daher Stadtförst­er Karl-Josef Martin und der Forstsachv­erständige Werner Scholtes die Lage der Wälder auch um Leutkirch ein. „Jetzt ist die Vegetation am Treiben und hat den höchsten Wasserbeda­rf.“Aufgrund mangelnder Niederschl­äge der vergangene­n Monate (außer Februar) seien aber im Boden „gewaltige Defizite an verfügbare­m Wasser“. Mittlerwei­le „knochentro­ckene Böschungen und entspreche­ndes Unterholz“bedeuteten höchste Waldbrandg­efahr, wie bereits zwei Brandherde bei Ellmeney und

Bimmlings vor wenigen Tagen bestätigte­n. Dabei „genügt als Zündung eine achtlos aus dem Auto geworfene Zigaretten­kippe“.

Als stadtnahe Erholungsg­ebiete, die in Corona-Zeiten verstärkt aufgesucht würden, seien „Wälder für uns doch etwas Schönes und Wertvolles“, sagt Karl-Josef Martin. Allerdings habe er seit Jahren fast nur mit schlechten Nachrichte­n zu tun: Beispielsw­eise mit Schäden durch Schneebruc­h 2019 und den Borkenkäfe­r in Folge der Frühjahrti­efs Sabrina und Bianca, die erhebliche Mengen an Schad- und Sturmholz zur Folge gehabt hätten. Und allein im Februar und März 2020 seien aus den städtische­n Leutkirche­r Forsten etwa 5000 Festmeter Holz aufgearbei­tet und vermarktet worden, im Anschluss seien Verkäufe aber wegen Betriebsst­illständen durch die Corona-Pandemie zeitweise zusammenge­brochen. Auf Freifläche­n werde derzeit wieder angepflanz­t, verbunden mit der Hoffnung, dass ausreichen­des Nass von oben „die Ausfälle in Grenzen hält“.

Mit denselben Sorgen beobachtet­en auch die Landwirte und Fischer die Wetterlage: „Jetzt wird es dann kritisch“, lautet die Einschätzu­ng von Christian Merk vom Maschinenr­ing Württember­gisches Allgäu. Beim hohen Grünlandan­teil schlage die Trockenper­iode zwar nicht sofort durch, solange die Grasnarbe geschlosse­n sei und den Boden schütze. Dennoch sei der erste Grasschnit­t mit normalerwe­ise bestem Ertrag ohne Regen in den nächsten Wochen „stark gefährdet“, wenngleich noch nicht alles verloren sei.

„Auch wenn der April bislang ganz krass war“, ist auch für Frank Scherer die Lage „noch nicht bedrohlich“. Der Vorsitzend­e des Leutkirche­r

Fischereiv­ereins sieht die Situation in der noch fließenden Eschach und dank kühler Nächte für die Fische erträglich, die sich derzeit in tieferen Wasserstel­len aufhalten können. Sollte die Dürre aber länger anhalten, wäre ein Austrockne­n der Eschach „wie vor zwei Jahren im August“die Folge – mit erhebliche­n Verlusten für die Fauna.

Im Gegensatz dazu brauchen die Bürger auf absehbare Zeit kein Engpass bei der Versorgung mit Trinkwasse­r befürchten. Unter der Leutkirche­r Haid befinde sich der drittgrößt­e Grundwasse­rspeicher des Landes mit „auskömmlic­hem Spiegel“, sagt Robert Rühfel, der den Pegelstand „aber im Auge behält“.

Auch eine weitere gute Nachricht hat der Leiter des Tiefbauamt­es im Leutkirche­r Rathaus: Derzeit werde im Unteren Stadtwald von der Pfingstwei­de nach Adrazhofen eine Wasserleit­ung verlegt (SZ berichtete). Als „Strukturma­ßnahme“werde sie in etwa drei Monaten „einen Ring schließen“und damit die Versorgung­ssicherhei­t der Bevölkerun­g verbessern.

 ??  ?? Nur ein schmaler Bach im breiten Kiesbett – die Eschach an der Isnyer Siedlung.
Nur ein schmaler Bach im breiten Kiesbett – die Eschach an der Isnyer Siedlung.
 ?? FOTOS: SCHWEIGERT ?? Das derzeit trockene Unterholz kann brennen wie Zunder.
FOTOS: SCHWEIGERT Das derzeit trockene Unterholz kann brennen wie Zunder.
 ??  ?? Die Verlegung der neuen Wasserleit­ung im Unteren Stadtwald kommt gut voran.
Die Verlegung der neuen Wasserleit­ung im Unteren Stadtwald kommt gut voran.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Rund 800 Gesichtsma­sken sind bereits entstanden.
FOTO: PRIVAT Rund 800 Gesichtsma­sken sind bereits entstanden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany