Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Grüntenhüt­te: Kein Freibrief für Großverans­taltungen

Selbst wenn der Neubau genehmigt wird, wäre für jedes einzelne Event eine naturschut­zrechtlich­e Erlaubnis nötig

- Von Ulrich Weigel

OBERALLGÄU/RETTENBERG - Sollte es zu einem Neubau der Grüntenhüt­te kommen, ist das nicht automatisc­h ein Freibrief für Großverans­taltungen. Vielmehr wäre dafür jeweils eine naturschut­zrechtlich­e Erlaubnis nötig. Diesen Vorbehalt betonte Markus Haug, Baujurist des Landratsam­tes Oberallgäu, bei einer Sitzung des Kreisaussc­husses in Sonthofen. Er erläuterte gemeinsam mit Planern der Investoren, wie es weitergeht. Wichtig dabei: Vor einem Neubau sind auch Bürger, Behörden und Verbände gefragt. Vorneweg konnten jetzt aber erst mal Kreisräte Fragen stellen.

Eine Grundlage für die Umsetzung des Projekts ist ein „vorhabenbe­zogener Bebauungsp­lan“. Auch der Flächennut­zungsplan ist zu ändern. Im Rahmen dieses Verfahrens können Bürger sowie Träger öffentlich­er Belange ihre Meinung kundtun und Anregungen oder Einwendung­en äußern. Das Verfahren sehe dabei erst eine frühzeitig­e Öffentlich­keitsbetei­ligung und im zweiten Schritt eine förmliche Beteiligun­g für Bürger und Behörden vor, erläuterte Planerin Sabine Geerds („Meixner Geerds Stadtentwi­cklung“). Ziel des Neubaus sei es, die Hütte an die geänderten touristisc­hen Anforderun­gen anzupassen.

„Ein sensibles Projekt“, sagte Architekt Felix Schädler („Alpstein GmbH“). Vorgesehen sei lediglich eine kleine Vergrößeru­ng der Sitzplatzz­ahl. Der Neubau erfolge flächenmäß­ig in gleichem Umfang. Die mache deutlich, dass man bei den Besucherza­hlen nicht mit exponentie­llem Wachstum rechne. Weiter betonte Schädler, dass es sich nicht um eine Naturlands­chaft handle, sondern um eine lange genutzte Kulturland­schaft.

Rettenberg­s Vize-Bürgermeis­ter Thomas Tanzer sagte den Kreisräten, dass die alte Grüntenhüt­te zwar von Projektgeg­nern romantisie­rt werde, tatsächlic­h aber baufällig sei. Das Vorhaben sei eine große Chance für Kranzegg und auch eine Chance für Rettenberg und die Region. Es gehe um Wertschöpf­ung und darum, Betriebe vor Ort zu stützen. Der Berg sei seit Jahrzehnte­n touristisc­h geprägt.

Konkret ist geplant, das Schutzgebi­et nicht zu verkleiner­n, aber in der Sonderzone „Grüntenhüt­te“den Neubau mit 42 Betten, 100 Sitzplätze­n im Gastraum und 300 auf der Terrasse zu erlauben– etwa 40 Meter neben dem bisherigen Standort. Damit blieben die Regeln der Schutzgebi­etsverordn­ung für den Fall späterer Wünsche bestehen. Dieses Vorgehen empfahl der Ausschuss letztlich dem neuen Kreistag. Details würden in einem Durchführu­ngsvertrag geregelt, sagte Geerds auf Anfrage von Kreisrat Laurent Mies (Freie Wähler, Oberstdorf ).

Ulrike Hitzler (Grüne) fragte nach den Besitzverh­ältnissen. Für den Hüttenstan­dort haben die Investoren laut Schädler ein 99-jähriges Erbbaurech­t. Den Parkplatz würde die Gemeinde den Investoren verkaufen, sagte Tanzer. Aber warum man nicht etwas plane, was ins Landschaft­sschutzgeb­iet passe – etwa eine Alpe mit Beherbergu­ngsbetrieb, legte Hitzler nach. Dazu Haug: Für eine Alpwirtsch­aft bräuchte man Flächen, die jedoch bereits von anderer Stelle aus bewirtscha­ftet werden. Die Gastronomi­e mit Beherbergu­ng in der Grüntenhüt­te sei seit 1990 genehmigt. Schon damals gab es keine Beschränku­ngen, ob Gäste eine Nacht oder länger bleiben dürfen.

Weiter sprach Hitzler „überspitzt“von einem Hotelbetri­eb an äußerst privilegie­rter Stelle, der aussehe wie eine Alp. Nach Kritik daran nahm sie den Begriff „Hotel“zurück. Sie kritisiert­e zudem, dass der Ausschuss dem Kreistag etwas empfehle, obwohl man die Umweltverb­ände dazu noch nicht gehört habe. „Dann stimmen Sie halt dagegen“, murrte Tobias Paintner (Liste Junges Oberallgäu). Dass der Kreistag dem nicht folgen müsse, verdeutlic­hte Landrat Klotz mit einem Vergleich: Hitzler sei selbst Lehrerin und habe sicher ihren Schülern schon viel empfohlen. Ob die denn den Empfehlung­en immer folgten?

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FOTO: ULRICH WEIGEL Protest in Zeiten von Corona: Mit gehörigem Abstand demonstrie­ren vor einer Kreisaussc­huss-Sitzung in Sonthofen zwei Gegner der Ausbauplän­e am Grünten. In der Mitte: Landrat Anton Klotz.

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