Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Österreich macht wieder auf
Nachbarland öffnet alle Geschäfte und bald Lokale sowie Hotels – Bund weiter vorsichtig
WIEN/BERLIN/STUTTGART (dpa/ AFP/sz) - Während in Deutschland die Debatte über weitergehende Lockerungen der Corona-Maßnahmen an Dynamik gewinnt, prescht Österreich voran: Die Alpenrepublik hebt aufgrund der weiter günstigen Entwicklung nach fast sieben Wochen die Ausgangsbeschränkungen auf. „Wir brauchen sie nicht fortzusetzen“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Dienstag in Wien. Ab dem 1. Mai sei lediglich ein Mindestabstand von einem Meter zu Menschen nötig, die nicht im gemeinsamen Haushalt lebten.
Alle Geschäfte und Dienstleister, etwa Friseure, öffnen am 2. Mai wieder. Ab 15. Mai sollen Restaurants und Lokale folgen, ab 29. Mai die Hotels und Pensionen. Auch Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Serbien beginnen mit Lockerungen – jedoch vorsichtiger.
In Deutschland stehen an diesem Donnerstag die nächsten Beratungen von Bund und Ländern über die Corona-Maßnahmen an. Entscheidungen sollen aber wohl erst eine Woche später, am 6. Mai fallen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellte jedoch bereits am
Dienstag der Gastronomie im Freistaat eine Öffnung „Ende Mai, um Pfingsten herum“in Aussicht. Österreich sei Bayern in der Krise um etwa zwei Wochen voraus. Die genaueren Daten werde man noch festlegen.
Grundlage für die Entscheidung in Österreich sind niedrige Infektionszahlen: Es stecken sich nur noch wenige Dutzend Menschen pro Tag mit dem Virus an. Der sogenannte Reproduktionsfaktor liegt nach offiziellen Angaben bei 0,59. Die Zahl gibt an, wie viele Menschen im Schnitt von einem Infizierten angesteckt werden. Dieser Faktor liegt in
Deutschland nach dem aktuellen Lagebericht des Robert-Koch-Instituts bei 0,9. Am Montagabend hatte sie laut RKI sogar bei 1,0 gelegen.
Mit einem eindringlichen Appell wandte sich deshalb am Dienstag RKI-Präsident Lothar Wieler an die Bevölkerung. Es gelte weiter, sich an die gültigen Regeln zu halten. Er sprach davon, dass es bei der Entscheidung über Lockerungen auch darum gehe, „wie viele Menschenleben man in Kauf nehme“. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält derweil am Kurs vorsichtiger Lockerungen fest.