Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Freundliche Übernahme
Investoren-Gruppe aus Bahrain übernimmt Mehrheit am Softwarehaus Avira – Warum der Tettnanger Antivirenspezialist den Kauf begrüßt
RAVENSBURG/TETTNANG - Das Softwareunternehmen Avira hat einen neuen Hauptgesellschafter: Die bahrainische Investorengruppe Investcorp Technology Partners hat für 180 Millionen US-Dollar (166 Millionen Euro) die Mehrheit an dem Spezialisten für Antiviruslösungen aus Tettnang am Bodensee übernommen, wie ein Avira-Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“bestätigte.
Es sei die erste institutionelle Investition in Avira seit der Firmengründung durch Tjark Auerbach im Jahr 1986, der allerdings weiterhin über einen „signifikaten Anteil“am Unternehmen verfüge, teilte der Sprecher weiter mit. Über die genaue Aufteilung der Anteile könne man keine Auskunft geben. Die Übernahme ist nach Angaben von Avira bereits kartellrechtlich genehmigt. Avira ist vor allem für seine Antivirensoftware bekannt, die Computer vor schädlicher Software schützt. Das Tettnanger Unternehmen erhofft sich die Erschließung neuer Märkte für seine Produkte. „Die Investition durch unseren neuen Partner hilft uns dabei, mittels neuem Kapital Firmen zu akquirieren und dadurch schneller global wachsen zu können“, teilte der Sprecher mit. Gründer Tjark Auerbach betont in einer Mitteilung von Avira, in Investcorp einen Investitionspartner gefunden zu haben, „der meine Werte teilt und die Strategie des Managementteams, Menschen weiterhin langfristig zu schützen, mitträgt“. Gilbert Kamieniecky, Geschäftsführer des Investors, sagte seinerseits zu, den „gezielten Wachstumskurs und die Expansionspläne“von Avira zu unterstützen.
Anbieter von klassischer Antivirensoftware, wie Avira, agieren schon länger in einem sich wandelnden Markt mit großer Konkurrenz. Windows 10 beispielsweise bringt mit dem Windows Defender bereits einen Virenschutz mit. Bevor Avira aufgekauft wurde, wurde im November 2019 der Softwareanbieter Symantec teilweise durch die US-Firma Broadcom aufgekauft. Wie das Onlineportal Heise berichtet, kam es zu einem Stellenabbau von rund sieben Prozent im Zuge eines „Restrukturierungsund Sparprogramms“.
Bei Avira soll so etwas nicht passieren – im Gegenteil. „Wir werden strategisch und operativ wie geplant weiterarbeiten und rechnen daher kurzfristig nicht mit Auswirkungen auf die Anzahl unserer Beschäftigten“, teilte der Sprecher mit. Durch das verstärkte Wachstum rechne man mittelfristig eher mit einer positiven Auswirkung auf die Anzahl der Stellen. Avira beschäftigt derzeit 500 Mitarbeiter an fünf Standorten in Deutschland, Europa, den USA und
Asien. Das Unternehmen schützt nach eigenen Angaben mehr als 500 Millionen Endgeräte. Nach Branchenschätzungen kommt das Unternehmen auf einen Umsatz im hohen zweistelligen Millionenbereich und schreibt schwarze Zahlen. Auch in der Corona-Krise entwickele sich das Geschäft positiv. „Wir können sehen, dass sich viele Menschen mit Computern in ihrem Homeoffice eingerichtet haben uns sich beim Schutz für unsere Produkte entschieden haben“, sagt der Sprecher.
Die Investorengruppe Investcorp unterhält außer in Bahrain auch Büros in Großbritannien, Indien, Katar, Saudi-Arabien, Singapur, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten und investiert branchenübergreifend in Unternehmen. „Wir sind stolz darauf, mit einem Unternehmen zusammenzuarbeiten, das über eine so umfassende Erfahrung in der Zusammenarbeit mit wachsenden Technologie- und Softwareunternehmen verfügt“, sagte AviraGeschäftsführer Travis Witteveen.