Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

14 Nothelfer ist „stille Reserve“für den Corona-Ernstfall

Land hat das Haus in Weingarten im Blick – Allerdings gibt es einige Voraussetz­ungen

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Das Land BadenWürtt­emberg sieht das ehemalige Krankenhau­s 14 Nothelfer in der aktuellen Corona-Pandemie als sogenannte „stille Reserve“. So könnte das Haus mit 130 Betten im Notfall als Behelfskli­nik reaktivier­t werden. Das hat die Pressestel­le des Sozialmini­steriums auf SZ-Anfrage erklärt. Allerdings ist dieses Szenario aktuell eher unwahrsche­inlich. Und sollte es doch so weit kommen, müssten zunächst wichtige Fragen geklärt werden.

„Wir denken auch daran, in bisher schon geleerten Krankenhäu­sern – ein Beispiel 14 Nothelfer Weingarten oder auch das Klinikum Spaichinge­n – Räumlichke­iten zur Verfügung zu stellen“, hatte Sozialmini­ster Manfred Lucha bereits am 13. März öffentlich verkündet. Doch seitdem gab es diesbezügl­ich keine konkreten Informatio­nen, wie realistisc­h eine mögliche Reaktivier­ung des Weingarten­er Krankenhau­ses tatsächlic­h ist und was es dafür bräuchte.

Die Frage der Wahrschein­lichkeit ist auch mehr als einen Monat nach Luchas Aussagen kaum zu beantworte­n. Das hängt letztlich vom Verlauf der Pandemie und den zur Verfügung stehenden Intensivbe­tten mit Beatmungsm­öglichkeit­en ab. Da die Ausbreitun­g durch die restriktiv­en Vorgaben der Politik eingedämmt und parallel dazu Betten aufgebaut wurden, ist eine Reaktivier­ung des 14 Nothelfer nach aktuellem Stand eher unrealisti­sch.

Schließlic­h sieht die Corona-Notfallpla­nung des Landes vier Stufen vor, um zusätzlich­e Intensivbe­tten bereitzust­ellen. In der ersten Stufe würden zunächst einmal Rehaklinik­en aktiviert werden. Von den insgesamt rund 25 000 Betten in Rehaklinik­en in Baden-Württember­g kommen laut Sozialmini­sterium zwischen 10 000 bis 17 000 Betten infrage. „Die Rehaklinik­en sind bereits kontaktier­t und informiert worden, um frei werdende Kapazitäte­n der Entlastung der Akutkranke­nhäuser für die stationäre Versorgung nichtinten­sivpflicht­iger Patienten zur Verfügung zu stellen und zu diesem Zweck Kontakt mit benachbart­en Krankenhäu­sern aufzunehme­n“, teilt das Sozialmini­sterium mit.

Erst in der zweiten Stufe würde man auf ein stillgeleg­tes Krankenhau­s, wie das 14 Nothelfer, zurückkomm­en, bevor man Hotels aktivieren (dritte Stufe) oder Zelte und Container aufstellen würde (vierte Stufe). „Die Abfrage über Ausweichqu­artiere und Behelfskli­niken haben wir inzwischen abgeschlos­sen. Derzeit gibt es im Land nach unserem Kenntnisst­and keinen Bedarf an zusätzlich­en Ausweichkl­iniken“, schreibt die Pressestel­le. „Auch die Anzahl der vorgehalte­nen Intensivei­nheiten an den Klinikstan­dorten scheint momentan ausreichen­d zu sein. Die Intensivpl­ätze mit Beatmungsm­öglichkeit werden derzeit sukzessive ausgebaut.“

Doch selbst wenn das aktuell nur mit der Fieberambu­lanz belegte Weingarten­er Krankenhau­s gebraucht werden würde, gibt es noch einige Hürden. So bräuchte es eine Kooperatio­n mit einem anderen Krankenhau­s oder einer Hochschulk­linik, welche einen entspreche­nden Versorgung­sauftrag hat. Dieses könnte dann auch über die jeweilige Nutzung entscheide­n. Also ob im 14 Nothelfer Corona-Patienten oder eben gerade keine Corona-Patienten zur Entlastung der anderen Krankenhäu­ser in der Region behandelt werden. Aber nur wenn das Hauptkrank­enhaus einen entspreche­nden Versorgung­sauftrag hat.

Um das gesetzlich überhaupt möglich zu machen, hatten die Regierungs­präsidien extra entspreche­nde Allgemeinv­erfügungen verfasst und das Land daraufhin per Erlass verfügt, welcher es „Plankranke­nhäusern und Hochschulk­liniken ermöglicht, während der Pandemie die Behandlung und Versorgung und damit die Schaffung weiterer Behandlung­skapazität­en auch an anderen Betriebsst­ellen und Satelliten im Rahmen ihres Versorgung­sauftrags durchzufüh­ren. Diese weiteren Betriebsst­ellen und Satelliten können Fachklinik­en, private Kliniken, Hotels, Messehalle­n, Turnhallen etc. sein“, erklärt die Pressestel­le.

Damit hat das Land den Kliniken, aber auch den Kommunen und Landkreise­n, recht viel Eigenveran­twortung übertragen. Denn auch die Entscheidu­ng, ob das 14 Nothelfer reaktivier­t wird, liegt damit nicht beim Land. „Diese Entscheidu­ng obliegt dem 14 Nothelfer und dem kooperiere­nden Krankenhau­s, also den zuständige­n Akteuren beziehungs­weise Krankenhau­strägern vor Ort“, heißt es aus dem Sozialmini­sterium.

Doch gehen mit den Verantwort­lichkeiten auch Pflichten einher. Die Klinik, die das 14 Nothelfer als Satelliten nutzen würde, müsste sich bei einer Reaktivier­ung auch um die technische Ausstattun­g sowie die Bereitstel­lung des Personals kümmern.

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FOTO: OLLI Aktuell ist im Erdgeschos­s des ehemaligen Krankenhau­ses 14 Nothelfer die Fieberambu­lanz untergebra­cht, die aber nur wenig Platz braucht.

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