Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ausgangssp­erren bestimmen den Alltag

So beeinträch­tigt das Coronaviru­s das Leben in Leutkirchs Partnerstä­dten in Frankreich und Italien

- Von Gisela Sgier

LEUTKIRCH - Die Corona-Krise beherrscht nicht nur das Leben in Leutkirch, sondern auch in den Partnerstä­dten Bédarieux, Hérépian, Lamalou-les-Bains und Castiglion­e delle Stiviere.

Während in Leutkirch seit Montag, wie überwiegen­d bundesweit angeordnet, das Tragen von Abstandsma­sken beim Gang zum Einkaufen sowie beim Fahren mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln Vorschrift ist, gilt in Frankreich bereits seit 17. März eine Ausgangssp­erre. „Ein Ausgang ist in unseren Partnerstä­dten nur mit Passiersch­ein möglich, aus dem hervorgeht, wohin die Menschen gehen möchten“erklärt Susanne Joser-Schmidt, Vorsitzend­e des Partnersch­aftsverein­s Leutkirch, Abteilung Frankreich. Diese strenge Ausgangspe­rre, die nur beispielsw­eise Fahrten zur Arbeit, Gänge zum Arzt oder Einkäufe für Grundbedür­fnisse erlaubt, wurde von der französisc­hen Regierung bereits bis 11. Mai verlängert.

Zusätzlich wird auch in Frankreich über eine landesweit­e Maskenpfli­cht im öffentlich­en Verkehr nachgedach­t. „Erfreulich ist, dass sich die Bevölkerun­g in Bédarieux, Hérépian und Lamalou-les-Bains überwiegen­d an die Maßnahmen hält“so JoserSchmi­dt. Laut der Vorsitzend­en seien in den französisc­hen befreundet­en Orten bisher im Vergleich zu anderen Regionen nur wenige Menschen erkrankt.

Im gesamten Départemen­t Hérault seien aktuell etwa 100 Menschen verstorben. „In unseren Partnerstä­dten ist zum Glück noch keiner an der Covid-19-Infektion gestorben“erklärt die Vorsitzend­e.

Besonders hart sei die Situation hinsichtli­ch des Tourismus in Lamalou-les-Bains: „Der Kurbetrieb musste eingestell­t werden. Alle Thermalanl­agen stehen still, und somit gibt es auch keine Kurgäste mehr“, so JoserSchmi­dt. Auf die Frage, wie es mit gegenseiti­gen Treffen aussehen würde, antwortete sie: „Die Frühlingsf­ahrt nach Bédarieux, an der 30 Personen teilnehmen wollten, konnte nicht stattfinde­n. Ebenso der Schüleraus­tausch. Die Fahrt des Jugendblas­orchesters über Christi Himmelfahr­t sowie das gemeinsame Treffen beim Leutkirche­r Kinderfest mussten auch abgesagt werden“. Ungewiss sei auch, ob der geplante internatio­nale Jugendtref­f, Ende August stattfinde­n könne. Joser-Schmidt fügte hinzu: „Alle sind bedrückt, denn die sozialen Kontakte fehlen einfach, dennoch geht es weiter“.

Das sieht auch Jean-Pierre Calas, Vorsitzend­er des Partnersch­aftsverein­s in Frankreich so: „Wir haben den Vorteil, in einer recht friedliche­n Ecke unseres Départemen­ts zu leben. Wir spüren im Moment nicht alle negativen Auswirkung­en dieser Pandemie. Wir hoffen, dass die Eindämmung­sund Sicherheit­svorschrif­ten zum Wohle der gesamten Bevölkerun­g, lokal, national und internatio­nal, bis zum Ende eingehalte­n werden“.

Insgesamt verzeichne­t Castiglion­e aktuell laut Elisa Destro vom italienisc­hen Partnersch­aftsverein, 223 Personen, die am Virus erkrankt sind. 93 Leute konnten mittlerwei­le wieder geheilt werden.

Hinsichtli­ch der Anzahl der Verstorben­en kann die Italieneri­n keine näheren Angaben machen. „Für unser Einwohnerm­eldeamt ist es schwer festzustel­len, welche Leute wegen des Virus oder anderer Ursachen gestorben sind“. Unter den Infizierte­n, die am Covid-19 gestorben sind, befindet sich auch Guido Stuani, ehemaliger Bürgermeis­ter und Gründer des italienisc­hen Partnersch­aftsverein­s.

„Die Schutzmaßn­ahmen sind im Moment enorm. Es gilt eine strikte

Ausgangsbe­schränkung. Nur Gänge zum Einkaufen, der Bedarf ist da bis auf einige wenige fehlende Lebensmitt­el gedeckt, zum Arbeiten oder zum Arzt sowie zu Apotheken sind erlaubt“, so Destro.

Ab 4. Mai gäbe es voraussich­tlich jedoch verschiede­ne Lockerunge­n. Bibliothek­en und Museen würden jedoch bis auf Weiteres geschlosse­n bleiben. Ausflüge und Schulausta­uschfahrte­n seien abgesagt. Der „Tag der Erde“, der im April immer im „Parco Pastore“gefeiert wird, wurde auf September verschoben. Abgesagt wurde auch der für Juni geplante Fackelzug des Roten Kreuzes. Kindergärt­en, Schulen und Universitä­ten bleiben in ganz Italien bis auf Weiteres geschlosse­n. Selbstvers­tändlich drückt das Virus wie überall auch in der italienisc­hen Partnersta­dt aufs Gemüt.

„Die Stimmung ist natürlich nicht die Beste. Viele Leute haben Verwandte oder Freunde verloren und konnten von ihnen keinen Abschied nehmen. Das Personal in den Krankenhäu­sern ist zu wenig, und Menschen, die dort arbeiten, wurden infiziert“, erklärt Destro. Um jedoch etwas Leben in die triste Zeit zu bringen, würden die italienisc­hen Freunde stets auf ihren Terrassen singen und Musik machen.

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FOTO: MADELEINE BLIXEN-DESCHODT Gähnende Leere herrscht aktuell in der „Grand Rue“, die als Hauptstraß­e von Bédarieux gilt.
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FOTO: DANIEL GALLASCH Auch die Innenstadt von Castiglion­e delle Stiviere mit ihrem Dom ist fast wie leergefegt.

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