Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Große Freude trotz vieler Vorschriften
Diesen Montag dürfen Frisöre wieder öffnen – Was sich alles ändern wird
BAD WURZACH schneiden, föhnen – an diesem Montag dürfen die Friseursalons nach sechswöchiger Zwangspause wieder öffnen. Kunden und Mitarbeiter müssen sich aber auf Neuerungen einstellen.
„Ich freu’ mich unglaublich“, blickt Hicham Chebli, besser bekannt als Chico und Inhaber von Chico’s Lounge in Bad Wurzach, ungeduldig auf Montagmorgen. „Jeder hier ist glücklich“, pflichtet ihm Rosi Kulig vom Salon Rosi in Bad Wurzach bei. „Wir freuen uns so sehr aufs Arbeiten.“
Doch in den vergangenen Tagen hatten sie jede Menge Arbeit, um die Vorschriften zu erfüllen. „Es ist der Hammer, was da alles zu beachten ist“, sagt Chico. So müsse sich jeder Mitarbeiter im Geschäft umziehen, „und die Arbeitsklamotten, die ich besorgt habe, müssen jeden Tag gewaschen werden“. Anzuschaffen waren auch Desinfektionsmittel verschiedener Art für Hände, Werkzeug und Arbeitsflächen sowie jede Menge Mund-Nasen-Masken fürs Team und für die Kunden. Jeder Kunde muss sich die Hände nach Betreten des Geschäfts desinfizieren und waschen. Außerdem sind die Friseure verpflichtet, Name und Telefonnummer ihrer Kunden festzuhalten und den Kunden unterschreiben zu lassen, dass er mit dieser Datenspeicherung einverstanden ist.
Gewöhnen muss sich der Kunde auch daran, dass er nun zwei Umhänge – den üblichen und darüber einen Einwegumhang – angelegt bekommt. Außerdem müssen die Haare gewaschen werden, Trockenschnitte sind nicht erlaubt. Dazu kommt: „Im Gesicht dürfen wir nichts machen, also zum Beispiel keine Augenbrauen zupfen oder Bärte schneiden“, betont Rosi Kulig. Geföhnt werden dürfe der Kunde aber, unterstreicht sie, „er darf es aber nicht selbst machen“. „Einen
Mitarbeiter brauche ich alleine dafür, um den Kunden in Empfang zu nehmen, die Maske zu kontrollieren, ihn zum Händewaschen und dann zu seinem Platz zu führen“, erzählt er. Bedient wird nur, wer einen Termin hat. „All das wird anfangs sehr ungewohnt sein“, sagt die Inhaberin, ist aber zuversichtlich, dass sich alles schnell einspielen wird: „Ich bin sicher, dass das alles klappt.“
Die Abstände zwischen den einzelnen Plätzen müssen die vorgeschrieben anderthalb Meter betragen, zwischen seinen Waschbecken, die enger zusammenstehen, hat Hicham Chebli eine Plexiglasscheibe montiert. Rosi Kulig und Chico haben ihre Belegschaft in zwei feste Gruppen eingeteilt, die zeitlich getrennt voneinander arbeiten. „So können wir auch dann weiterarbeiten, wenn in einer Gruppe ein Krankheitsfall auftreten sollte“, rüsten sie sich für den schlimmsten Fall.
Für die vorgeschriebene Durchlüftung der Räume sorgt in Chico’s Lounge eine Klimaanlage. Im Salon Rosi können die Fenster geöffnet werden. Und die Mitarbeiter erhalten so viele Pausen wie möglich, um immer wieder einmal im Freien maskenlos frische Luft atmen zu können. Beide Geschäftsinhaber haben Verständnis für die Vorschriften. „Bloß nicht noch ein Lockdown, das muss unser aller Ziel sein“, sagt Chico.
So nimmt er ebenso wie seine Kollegin Rosi Kulig in Kauf, dass es auf nicht absehbare Zeit ein anderes Arbeiten sein wird. Die „etwas heimelige Atmosphäre“vergangener Zeiten, wie es Rosi Kulig ausdrückt, werde es in dieser Form vorerst nicht geben können. „Das ist erstmal passé“, pflichtet ihr Hicham Chebli bei, sieht sich aber auf anderem Gebiet gefordert: „Wir Friseure sind ja auch ein bisschen Psychologe, die die Freuden und die Ängste unserer Kunden mitbekommen. Da müssen wir jetzt aufpassen, dass durch die ganzen Sicherheitsmaßnahmen nicht noch mehr Angst erzeugt wird.“
Aus wirtschaftlicher Sicht sei es höchste Zeit geworden, dass man wieder öffnen darf, betonen beide. „Noch ein Monat Schließung wäre nicht zu verkraften gewesen“, sagen sie übereinstimmend. Die Kundschaft hat ganz offensichtlich ähnlich sehnsüchtig auf die Wiedereröffnung gewartet. Beide Läden melden, dass sie für die kommenden zwei bis drei Wochen bereits ausgebucht sind.