Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Von Rückgängen und Einbrüchen
Finanz-Quartalsbericht der Stadt positiv, doch die Aussichten sind düster
BAD WURZACH - „Noch sieht es gar nicht so schlecht aus.“Dies war die gute Nachricht, die Bürgermeisterin Alexandra Scherer (CDU) und Stadtkämmerer Stefan Kunz am Montagabend in Sachen Finanzen im Gemeinderat verkündeten. Doch sie stimmten das Gremium auf schwierige Zeiten ein.
Kunz legte dem Gemeinderat den Finanzbericht für das erste Quartal dieses Jahres vor. In dem ist freilich die Corona-Krise ein kaum zu spürender Faktor, begann sie doch erst Mitte März ihre Wucht zu entfalten. So sind die Zahlen darin recht positiv.
Ausgehend von den Einnahmen des ersten Quartals könnte die Stadt mit fast 8,1 Millionen Euro Gewerbesteuer rechnen (Plan: 7,9 Millionen/ Vorjahr 10,7 Millionen), beim kommunalen Einkommensteueranteil liegt Bad Wurzach mit bisher 1,98 Millionen Euro im Plan. Gleiches gilt für die Umsatzsteuer mit bisher rund 220 000 Euro und für die Schlüsselzuweisungen des Landes mit 1,81 Millionen Euro. Gleichzeitig sei die Verwaltung bei den laufenden Ausgaben im Soll, berichtete Kunz weiter.
Doch des Kämmerers Blick ging realistischerweise schon voraus, und da ist weit weniger Positives zu sehen. Bei der Gewerbesteuer seien bereits Stundungsanträge und Anpassungen der Vorauszahlungen bei der Stadt eingegangen. Bei der Umsatzsteuer ist absehbar, dass es aufgrund der Schließungszeit zu einem Rückgang kommt. Von einem vorherzusehenden „Einbruch“sprach Stefan Kunz gar bei der Einkommensteuer, verursacht durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit.
Dazu kommen im Vergleich dazu kleinere Posten wie die Vergnügungssteuer, die aufgrund geschlossener Gastronomiebetriebe in diesem Jahr von 550 000 auf 300 000 Euro sinken könnte. Und auch die fehlenden Gebühren, zum Beispiel für Kindergärten, Jugendmusikschule, Bücherei und Mehrzweckhallen, reißen ein sechsstelliges Loch in die Kasse – das freilich dadurch verringert wird, dass zum einen auch weniger Kosten entstanden sind und zum anderen das Land bislang in einem ersten Abschlag 82 000 Euro an Soforthilfe leistet.
Einzig die Schlüsselzuweisungen des Landes, davon geht Kunz zumindest derzeit aus, bleiben in diesem
Jahr wohl konstant. Genauere Angaben zu den Einnahmeverlusten konnte Kunz am Montagabend noch nicht machen. Die bundesweite Steuerschätzung wird erst an diesem Donnerstag bekannt. „Wir wissen, dass was kommt, aber nicht was“, formulierte es Kunz.
Die Schätzung wird wichtige Fingerzeige geben, kann aber nur zum Teil auf Bad Wurzach heruntergerechnet werden. Vor allem bei der Einkommensteuer wird sie zutreffen. Wie das Ergebnis bei der Gewerbesteuer aussehen wird, ist von den örtlichen Gegebenheiten abhängig – und da sieht Scherer Bad Wurzach aufgrund eines breiten Branchenmixes noch relativ gut aufgestellt.
Zugute kommt der Stadt vor den mutmaßlich anstehenden „mageren“Jahren auch das gute Haushalten in den vergangenen „fetten“. Die Schulden
Kämmerer Stefan Kunz
wurden seit 2013 auf derzeit 4,6 Millionen Euro fast halbiert. Und auf dem Sparkonto liegen rund 12 Millionen Euro. „Wir haben die vergangenen Jahre gut genutzt, um Mittel für schlechtere Zeiten aufzubauen“, sagte Kunz. „Dass wir sie so schnell brauchen werden, hätten wir nicht gedacht:“
Sorgen machen ihm vor allem die Finanzreserven. Die erwähnten zwölf Millionen sind fast in Gänze schon für anstehenden Investitionen verplant. „Wir bewegen uns in Richtung der vorgeschriebenen MindestLiquidität“, unterstrich der Kämmerer. Die liegt im Falle von Bad Wurzach bei etwa 700 000 Euro.
Ein Reißen dieser Hürde „darf kein Thema werden“, mahnte denn auch Stadtrat Hermann Müller (CDU) in der einzigen Wortmeldung zum Bericht aus dem Gremium. „Hier müssen wir notfalls rechtzeitig handeln und jetzt schon auf Sicht fahren.“Dies tut die Stadt bereits, hatte Kunz zuvor gesagt, und vermeidet damit eine Haushaltssperre, mit der selbst vorgesehene Ausgaben eingestellt werden. Doch die einzelnen Fachbereiche sind bereits beauftragt, Maßnahmen zu melden, die gegebenenfalls zurückgestellt werden können.
Trotzdem ist dem Finanzexperten bereits klar: „Ohne einen finanziellen Schutzschirm für die Kommunen und ohne Konjunkturpakete für kommunale Investitionen zur antizyklischen Stützung der heimischen Wirtschaft wird es schwierig werden.“
Den nächsten Finanzbericht will Kunz bereits am 15. Juni vorlegen.
„Wir bewegen uns in Richtung der vorgeschriebenen Mindest-Liquidität“