Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die ersten Grundschüler kehren zurück
So bereiten sich Bad Wurzach und Eintürnen auf ihre Viertklässler vor
BAD WURZACH - Die Viertklässler dürfen ab diesem Montag, 18. Mai, wieder zur Schule gehen. Von einem normalen Schulalltag kann aber für sie keine Rede sein, wie die Grundschulleiterinnen Claudia Weitbrecht (Bad Wurzach) und Daniela Brillisauer (Eintürnen) berichten.
Für etwa 50 Mädchen und Jungen der zwei vierten Klassen der Grundschule Bad Wurzach beginnt diesen Montag der sogenannte Präsenzunterricht wieder. Sie werden in insgesamt vier Gruppen eingeteilt. Zwei haben von 8 bis 10 Uhr Unterricht, die beiden anderen von 10.30 bis 12.30 Uhr. „Damit wollen wir erreichen, dass möglichst wenige Begegnungen stattfinden“, erläutert Claudia Weitbrecht. Auf eine Pause wird aus dem gleichen Grund während der zwei Stunden verzichtet.
Die Zeit zwischen 10 und 10.30 Uhr nutzen die Lehrerinnen, um die Klassenräume wieder zu reinigen. Die Zimmer seien bereits gemäß der Abstandsvorschriften eingestuhlt. Auch Trennscheiben werden dort zu finden sein, nämlich für den Fall, dass eine Lehrkraft einem einzelnen Kind etwas erklären muss.
Gleichzeitig mit den vierten Klassen werden in Bad Wurzachs größter Grundschule eine Vorbereitungsklasse unterrichtet sowie die Notbetreuung für derzeit 16 Kinder (Weitbrecht: „Der Bedarf wächst ständig.“) in zwei Gruppen organisiert: „Für all das mussten wir ein sehr ausgeklügeltes System schaffen“, sagt Claudia Weitbrecht Sie fühle sich in diesen Tagen manchmal mehr als „Logistikerin“denn als Pädagogin.
Vor allem die Vorbereitungsklasse, die viermal in der Woche in die Schule kommt, liegt ihr dabei sehr am Herzen. „Es ist gerade in diesen Zeiten wichtig, Bildungsungerechtigkeit soweit wie möglich zu vermeiden.“Mangelhafte DeutscheKenntnisse, geringe Unterstützung vom Elternhaus, fehlende technische Voraussetzungen – all das falle derzeit noch mehr ins Gewicht als sonst. Wo es nötig erscheint, schickt Claudia
Weitbrecht auch den Schulsozialarbeiter vorbei.
Derzeit werde der Unterricht zu Hause mit Materialpaketen organisiert, die alle zwei Wochen an die Mädchen und Jungen gehen. „Außerdem wird jedes Kind einmal pro Woche von der Lehrerin angerufen. Es ist für viele wichtig, auch mal wieder deren Stimme zu hören.“Auch Videokonferenzen in Kleinstgruppen habe es bereits gegeben.
In Eintürnen, wo sich Bad Wurzachs kleinste Grundschule befindet, freut sich Schulleiterin Daniela Brillisauer an diesem Montag auf acht Viertklässler, die wieder kommen dürfen. 15 Unterrichtsstunden werden sie pro Woche bis zu den Pfingstferien in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachkunde erhalten. „Wenn dann nach Pfingsten wieder alle zur Schule gehen, wird das auf zwölf Unterrichtsstunden reduziert“, sagt Daniela Brillisauer.
Ein Schultag daure vorerst von 8 bis 10 Uhr, sodass auch in Eintürnen sowohl auf die Bewegungs-, als auch auf die Vesperpause verzichtet werden kann. Das Klassenzimmer sei so eingerichtet worden, dass die Kinder in großen Stuhlkreisen sitzen können. „Home-Schooling“funktioniere in Eintürnen so, dass die Kinder jeweils montags ihre Lernpläne für die Woche erhalten. Die Eltern können diese im Schulgebäude abholen und am Freitag dorthin zurückbringen. Übers Wochenende werden die Arbeiten dann von den Lehrerinnen korrigiert. „Zweimal in der Woche werden die Kinder für etwa zehn Minuten zur Rückmeldung angerufen, zum Teil per Videoanruf. Dieser direkte Kontakt ist uns sehr wichtig, und er ist auch sehr positiv angenommen worden.“
Parallel laufe in Eintürnen die Notbetreuung an drei Tagen in der Woche weiter. Sechs Kinder nutzten derzeit diese Möglichkeit, die bis 12.15 Uhr angeboten wird.
„Wir freuen uns sehr darauf, dass wieder mehr Leben in die Schule einzieht“, sagen die beiden Leiterinnen unisono. Einig sind sie sich auch darin, dass es „nicht die Schule, wie sie die Kinder kannten, sein kann“. Dieser Montag werde daher wohl auch erst einmal dazu gebraucht, um über die vergangenen Wochen zu reden, glaubt Brillisauer.
Ab dem 15. Juni, dem Ende der Pfingstferien, sollen nach derzeitigem Stand alle Schulklassen der Grundschulen wieder Präsenzunterricht erhalten. Dies aber nur im rollierenden System. In der ersten Woche kommen die Erst- und Drittklässler, in der zweiten Woche die zweiten und vierten Klassen.
Dies ist nicht nur den Abstandsvorschriften geschuldet, sondern auch dem Umstand, dass die Schulen nicht alle Lehrerinnen zur Verfügung haben. In Eintürnen zählt eine von vier Kolleginnen zu den sogenannten Risikogruppen, in Bad Wurzach sind es vier. Sie werden nur im Fernunterricht eingesetzt.
„Der Lebensraum Schule wird in diesen Tagen und Wochen stark reduziert“, sagt Claudia Weitbrecht. Und sie blickt betrübt voraus: „Es wird keine Verabschiedung der Viertklässler geben können, und wie es mit der Einschulungsfeier aussieht, wissen wir noch nicht. Ein Theaterstück kann dafür auf jeden Fall nicht eingeübt werden. Da müssen wir auch noch kreativ werden.“
Am 30. Juli beginnen die Sommerferien und beenden ein denkwürdiges Schuljahr. Das, so hoffen Weitbrecht und Brillisauer, einzigartig bleiben wird. „Ab September geht es hoffentlich wieder normal weiter.“