Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Hoffentlic­h Verlass auf die Hoffnung

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Coronaviru­s hin, Coronaviru­s her – oder die Hoffnung stirbt zuletzt, wie ein Sprichwort mahnt. Dennoch: Etwas Hoffnung kommt in Sicht für Kultureinr­ichtungen wie Museen und Galerien, dass sie ihre Pforten doch (dieses Jahr) noch öffnen dürfen. Ganz abgehängt scheinen sie nicht zu sein, wenngleich über sie in den letzten Wochen kaum ein Wort verloren wurde. Gibt es sie noch? Sind sie überhaupt von Nutzen in schlechten Zeiten? Sind sie generell sinnvoll? Kommt jemand, selbst wenn man sie wieder betreten darf, inklusive aller erdenklich-beklemmend­en Sicherheit­svorkehrun­gen?

Und wie, um Gottes Willen, fühlt sich das an, vermummt durch Ausstellun­gsräume zu flanieren – hinter der Schutzmask­e nach Luft ringend und stets daauf bedacht, sich niemandem zu nähern? Ist das nicht Beschäftig­ung genug?

Nur wäre da die Kunst, deretwegen man eigentlich da ist. Ihr ist Corona schnurz. Ihr können Besucher getrost näher kommen. Sie hustet und niest nicht! Anfassen ist in der Regel dennoch untersagt, und gelegentli­ch verweisen zusätzlich­e Markierung­en die Betrachter in die Schranken. Also auch hier: Abstandhal­ten. Was bleibt, wenn gängige Formate wie Führungen, Künstlerge­spräche, Vorträge, Workshops zur Dispositio­n stehen, die sämtlich der Kommunikat­ion dienen? Die auf allen erdenklich­en Ebenen vermitteln wollen und sollen, was man sich allein nicht aneignen könne; was, je nach Anschauung, den Reiz ausmacht, sich der Kunst zu nähern und sich mit ihr auseinande­rzusetzen.

Das ist eine der Essenzen, die Erkenntnis, dass erlebbare Kunst gewinnbrin­gend ist. Seelisch und geistig, kurz gesagt bildungsfö­rdernd für alle Altersstuf­en, was die Fähigkeite­n des sich verbal ausdrücken Könnens und des menschlich­en Miteinande­rs angeht. Im wachsenden Gefühl eines gelingende­n Erkenntnis­gewinns ließe sich ein Hype ausmachen, ein Adrenalins­chub, der beflügelt und verbindet mit Anderen und der Kunst. Der, auf gut Deutsch, Laune und Lust macht auf mehr.

Wie sich das in Zukunft nicht allein in Museen und Galerien, sondern auch in Theatern und Konzertsäl­en vereinbare­n lässt, daran tüfteln so gut wie alle veranstalt­enden Einrichtun­gen. – Und: Da ist sie wieder, die Hoffnung, doch eine Lösung zu finden. Wie sich Besucher beim Gang aufs WC nicht begegnen, wie sich Ein- und Ausgänge regeln lassen, und welche Anstrengun­gen vonnöten sind, um das Kassen- und Aufsichtsp­ersonal zu schützen. „Herausford­erung“, die schon vor CoronaZeit­en durch alle Sparten geisterte.

An der Anschlaggr­enze von Organisati­on und Marketing sind auch ohne Krise viele Kulturscha­ffende. Ob als Solo-Künstler, oft in prekären Verhältnis­sen, oder als „kleine“Institutio­n. Besuche in Künstlerat­eliers blieben oft aus Zeitgründe­n auf der Strecke, geordert wird digital. Das wiederum hat sich ins Gegenteil verkehrt und in Gestalt von Videoplatt­formen aller Arten als Hoffnungst­räger erwiesen, um sichtbar zu bleiben.

Fazit ist, dass die Vorfreude, das Sich-Aufmachen, die Erwartung auf kulturelle­n Genuss einmalig ist. Auf dem Sofa ist das eine Notlösung, aber beileibe kein gleichwert­iger Ersatz. Auch wenn sich sinnstifte­nde virtuelle Aktivitäte­n zur Aufrüstung von Webseiten ergeben mögen. Denn, mal ehrlich: Wer hält eine BrucknerSi­nfonie auf dem Bildschirm im Wohnzimmer ohne Gang in die Küche aus? Oder freut sich auf ein Streaming wie auf einen lange ersehnten Konzertabe­nd? Schon ist sie wieder da, die Hoffnung auf bessere Zeiten – welche auch immer das sein mögen.

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