Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ministerin gibt Bauern schlechte Noten

Bericht zur Lage der Natur zeigt gemischtes Bild – Artenrückg­ang auf Wiesen und Weiden

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Die Artenvielf­alt in Deutschlan­d hat sich vor allem in den Agrarlands­chaften verschlech­tert. Das folgert Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) aus dem Bericht zur Lage der Natur, der am Dienstag in Berlin vorgestell­t wurde. Die alle sechs Jahre erhobene „Generalinv­entur der biologisch­en Vielfalt zeigt ein sehr gemischtes Bild“, sagte Schulze.

Während sich in manchen Teilen der Bundesrepu­blik der Artenreich­tum durch Renaturier­ung von Flüssen und Wäldern erhole und auch in Städten mehr Vögel gezählt würden, gehe es anderswo bergab. „Vor allem in der Agrarlands­chaft geht es der Natur besorgnise­rregend schlecht“, kritisiert­e Schulze. „Das gilt besonders für Schmetterl­inge und andere Insektenar­ten, die auf blühende Wiesen und Weiden angewiesen sind“, ergänzte die Ministerin.

Schulze kritisiert­e vor allem die Grünlandnu­tzung. „Es gibt zu viel Dünger, zu viel Pestizide. Es wird zu oft gedüngt und gemäht, sodass die Flächen für die Natur immer wertloser werden“, sagte die SPD-Politikeri­n. Die Zahl der Rebhühner und Kiebitze sei noch vor 25 Jahren zehnmal höher gewesen als heutzutage. Auch bei der Feldlerche gebe es dramatisch­e Einbrüche.

Der 62 Seiten umfassende Bericht zur Lage der Natur zwischen Nordsee und Alpen basiert auf etwa 14 000 Stichprobe­n nach der FaunaFlora-Habitat-Richtlinie, Expertengu­tachten und dem bundesweit­en Vogelmonit­oring mithilfe vieler Ehrenamtli­cher. Die Europäisch­e Union droht Deutschlan­d wegen jahrelange­r Versäumnis­se bei der Ausweisung

von Fauna-Flora-Habitaten (FFH) mit einer Anklage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f.

Umweltmini­sterin Schulze kündigte am Dienstag ein Insektensc­hutzgesetz des Bundes, einen besseren Schutz artenreich­en Grünlandes, ein weitreiche­ndes Pestizidve­rbot in Schutzgebi­eten sowie eine Initiative ihres Ministeriu­ms gegen Lichtversc­hmutzung an.

Der Bauernverb­and wies die Kritik der Ministerin zurück. „Allgemeine Schuldzuwe­isungen aus dem

Bundesumwe­ltminister­ium“würden beim Kampf um mehr Artenvielf­alt nicht weiterhelf­en, erklärte Udo Hemmerling, der stellvertr­etende Generalsek­retär des Deutschen Bauernverb­andes (DBV). Die Landwirte seien bereit, mehr Vertragsna­turschutz zu leisten. Doch das scheitere oft an bürokratis­chen Hürden und mangelnden Anreizen, klagte er. „Die Landwirte bleiben viel zu oft auf den Kosten des Naturschut­zes sitzen, das muss sich ändern“, bemängelte Hemmerling.

Naturschut­zverbände mahnten derweil mehr Einsatz für die Umwelt an. BUND-Geschäftsf­ührerin Antje von Broock sprach am Dienstag in Bezug auf den von Umweltmini­sterin Schulze präsentier­ten Bericht von einem „Offenbarun­gseid“in Sachen Naturschut­z. „Wenn nicht endlich Ernst gemacht wird, dann bleibt der Bericht nur eine weitere SOSMeldung im Logbuch der untergehen­den Arche Noah“, erklärte auch Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

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FOTO: WINFRIED ROTHERMEL/IMAGO IMAGES Die Zahl der Insekten sinkt: Hier saugt eine Biene Nektar aus Bärlauchbl­üten.

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