Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kritik an Bauern greift zu kurz

- Von Klaus Wieschemey­er k.wieschemey­er@schwaebisc­he.de

So stimmig die Diagnose von Umweltmini­sterin Svenja Schulze ist, so falsch sind ihre Schuldzuwe­isungen. Ja, es stimmt, dass die Artenvielf­alt auf dem Land vielerorts gefährdet und eine auf Ertrag getrimmte, intensive Landwirtsc­haft ein Verursache­r ist. Dass Großstadti­mker am heutigen Weltbienen­tag Rekordertr­äge vermelden können, während die Bienenvölk­er vieler ländlicher Kollegen hungern, kann nicht richtig sein.

Doch auch wenn es Applaus ihrer Wählerscha­ft verspricht, macht es sich Schulze zu einfach. Wer die Schuld einzig bei den Bauern ablädt, ignoriert vieles. Zum Beispiel, dass Landwirtsc­haft in Deutschlan­d sehr unterschie­dlich ist. Und dass sich zuletzt viel getan hat. Zurück zu den Bienen: In Deutschlan­d gibt es inzwischen 150 000 Hektar Blühstreif­en, viele werden von Landwirten bereitgest­ellt. Insbesonde­re in Bayern und Baden-Württember­g hat man sich zudem auf mehr Bienenschu­tz geeinigt.

Zudem werden die Auflagen für die Landwirte laufend höher: Sie müssen schärfere Düngeregel­n umsetzen, ihre Produktion dem Klimawande­l anpassen und sich der Kritik stellen. Viele haben aufgegeben, andere stellen aus Frust grüne Kreuze auf. Dabei könnten Bauern perfekte Partner für den Landschaft­s- und Naturschut­z sein. Landwirte haben unser Land geprägt, sie können es auch pflegen. Dazu müsste es sich aber auch finanziell lohnen.

Und hier wäre die Politik zuständig, die ebenfalls ihren Teil zur Artenarmut beigetrage­n hat: Sie ist für die Fehlleitun­g der EU-Agrarmilli­arden zuständig, hat mit der Biogasförd­erung großflächi­ge Maiswüsten erschaffen und die FFH-Vorgaben der EU jahrelang ignoriert.

Es gibt viele weitere Gründe für das Verschwind­en von Insekten und Vögeln hierzuland­e: der ungebremst­e Flächenfra­ß, die Lichtemiss­ionen nächtlich erstrahlen­der Gebäude, die Raubzüge von Katzen.

Landwirtsc­haft ist eine wichtige Ursache für Artenschwu­nd. Aber es ist nicht die einzige. Will Svenja Schulze den Dialog, sollte sie das einräumen.

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