Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Corona-Krise: So sieht die Situation in „Uspha Uspha“aus
Leutkircher Bolivienhilfe unterstützen die Ärmsten – Projekte im Elendsviertel mussten geschlossen werden
LEUTKIRCH - Im Rahmen der SZWeihnachtsaktion „Helfen macht Freude“unterstützt die „Schwäbische Zeitung seit mehreren Jahren die Bolivienhilfe, die vor mehr als 30 Jahren vom Leutkircher Ehepaar Rauch gegründet wurde. Sie informiert über die aktuelle Corona-Situation im Elendsviertel von „Uspha Uspha“, das am Rande der Großstadt Cochabamba liegt.
Sämtliche Sozialprojekte, die von der Bolivienhilfe ausgehen und insbesondere Frauen und Kinder unterstützen, seien geschlossen worden. „Es ist einfach nur schrecklich. Wir mussten 100 Kinder in den Siedlungsgemeinschaften Alto Litoral, Monte Olivos und San Francisco heimschicken. Die Schulen sind geschlossen, ebenso unsere Hausaufgabenbetreuung für 96 Kinder“, erzählt Liliana Siles, vor Ort verantwortlich für die Sozialprojekte.
Am 10. März sei der erste CoronaPatient entdeckt, am 17. März die Grenzen geschlossen worden. Um eine weitere Verbreitung der Krankheit zu vermeiden, habe die Regierung am 22. März eine Quarantäne mit vollständiger Ausgangssperre angeordnet. Aktuell würde es im Gebiet 2831 bestätigte Fälle geben. Davon seien 122 Personen gestorben. „Aufgrund fehlenden Testmaterials müssen wir von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgehen“, so die Mitarbeiterin weiter. „Diese restriktiven Maßnahmen sind für uns absolut notwendig, weil das Gesundheitssystem in Bolivien genauso wie in allen weiteren südamerikanischen Staaten schon in normalen Zeiten starke Defizite aufgewiesen hat und mit einer Behandlung von Corona-Patienten ohnehin total überfordert ist.“
Momentan gebe es eine Regelung, die es Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren erlauben würde, einzeln und an einem bestimmten Tag das Haus zu verlassen. „Kinder, Jugendliche und alte Menschen stehen somit unter Hausarrest, und das in Unterkünften, die oftmals nur aus ein oder zwei Zimmern für viele Personen bestehen“, sagt die Bolivianerin. Auch gebe es ganz klare Vorschriften hinsichtlich der notwendigen Versorgung: „Es gelten klare Zeiten, wer, wann und wo Lebensmittel besorgen oder medizinische Hilfe holen darf.“
Auch was die Arbeitszeiten angeht, würde es strenge Regelungen geben: „Es gelten erlaubte Arbeitsund Öffnungszeiten von 6 bis 14 Uhr.
Die Frauen dagegen, die für die Erziehung der Kinder zuständig seien, würden oft als Hausangestellte der Reichen oder als Wäscherinnen oder Verkäuferin arbeiten. „Ohne Schule und Hausaufgabenbetreuung bleibt den Frauen nichts anderes übrig, als zu Hause zu bleiben und deshalb auf das geringe, benötigte Zusatzeinkommen zu verzichten“, sagt Siles. Soziale Absicherungen wie Arbeitslosenoder Kurzarbeitergeld gebe es nicht. Bei der Besorgung von Lebensmitteln würde die Bevölkerung oftmals viele Stunden anstehen müssen.
„Wir haben hier 80 Familien, denen es wirtschaftlich ganz schlecht geht und die nicht wissen, wie sie ihre Kinder satt bekommen sollen. Dazu kommen Witwen und viele kranke Bewohner, die ganz dringend Medizin benötigen“, erklärt Ordensschwester Maria Luisa Tovar Alvares.