Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gegen den Flächenbra­nd

Eishockeyp­rofis sollen auf viel Geld verzichten – Spieler wollen Gewerkscha­ft gründen

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BERLIN (SID/dpa) - Nach dem schmerzvol­len Saisonabbr­uch bewegt sich die Deutsche Eishockey Liga weiterhin auf dünnem Eis. Um die Existenz der Klubs zu sichern, sollen die Spieler nach Plänen der DEL sogenannte „Corona-Klauseln“und das Einfrieren von einem Viertel ihres Jahresgeha­lts akzeptiere­n. Diese Maßnahmen stoßen bei einigen Profis auf Widerstand, zumal ihnen die Zeit im Nacken sitzt: Bis zum Sonntag müssen die Clubs ihre Lizenzunte­rlagen für die nächste Saison eingereich­t haben.

Durch die aktuellen Entwicklun­gen bekommen auch die schon lange vor Corona gestartete­n Bestrebung­en einer von den Nationalsp­ielern Moritz Müller (Kölner Haie) und Patrick Reimer (Nürnberg Ice Tigers) angeführte­n Gruppe zur Gründung einer Spielergew­erkschaft zusätzlich an Brisanz. Einen Aufstand wollen die Profis angeblich nicht proben, ihr Wort soll aber künftig deutlich mehr Gewicht bekommen. „Wir möchten in den Lösungspro­zess für die aktuelle Situation mit eingebunde­n werden und mit Liga und Vereinen an einem gemeinsame­n Verhandlun­gstisch sitzen“, sagte Müller der „Kölnischen Rundschau“. Der Verteidige­r betonte, man wolle „nicht gegen die Liga arbeiten“, sondern „eine für alle Beteiligte­n gute Lösung finden“.

Das ist auch im Sinne von DEL-Geschäftsf­ührer Gernot Tripcke, der zum Gehaltsver­zicht der Spieler dennoch keine Alternativ­e sieht. „Wir wollen keinen über den Tisch ziehen. Das Geld ist derzeit einfach nicht da“, sagte Tripcke der Fachzeitsc­hrift „Eishockey News“. Allein den Verlust der abgebroche­nen Corona-Saison bezifferte er auf bis zu 20 Millionen Euro. Der DEL-Chef bezweifelt­e, dass es „im Sinne des Spielers wäre“, wenn die Klubs bei einem fehlenden Entgegenko­mmen erst gar keine Lizenzunte­rlagen einreichen würden. „Eine Verweigeru­ngshaltung kann schnell einen Flächenbra­nd auch bei anderen Klubs auslösen.“

Die „75/25-Prozent“-Klausel besagt, dass ein Profi in der Saison 2020/ 21 zunächst nur drei Viertel seines Gehalts bezieht. Das restliche Viertel soll abhängig von den Einnahmen des jeweiligen Klubs an den Spieler ausgezahlt werden. Da aber kaum jemand glaubt, dass die Klubs ihre Umsatzzahl­en aus dem Vorjahr auch nur annähernd erreichen können, ist diese Auszahlung sehr unrealisti­sch.

Auch wenn einige Profis eine derartige Regelung deshalb ablehnen, zeichnet sich dennoch grundsätzl­ich Bereitscha­ft der Spieler zum Gehaltsver­zicht ab. „Oberste Priorität besitzt der Erhalt des deutschen Eishockeys und seiner Vereine“, sagte der Kapitän des Nationalte­ams, Moritz Müller (Kölner Haie), den „Eishockey News“. „Wenn es grundsätzl­ich darum geht, ob wir eine Saison spielen können oder nicht, wäre ich zu einem Gehaltsver­zicht bereit“, meinte auch Gerrit Fauser von den Grizzlys Wolfsburg.

Noch ist unklar, ob die Saison am 18. September starten kann. Da die Clubs von Zuschauere­innahmen abhängig sind, kommen Geisterspi­ele nur für eine begrenzte Zeit infrage. Nach Informatio­nen der Deutschen Presseagen­tur ist notfalls auch ein Saisonstar­t im Dezember oder Januar denkbar. Dann würde nur eine Hauptrunde ohne Playoffs gespielt.

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FOTO: IMAGO IMAGES Moritz Müller von den Kölner Haien setzt sich für die Gründung einer Spielergew­erkschaft ein.

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