Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gehörig Zauber ist verflogen: Sebastian Vettels Streben nach dem bestmöglic­hen Ergebnis

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Den Anspruch an 2020, an sich und das sechste Jahr seiner Partnersch­aft mit Ferrari hat Sebastian Vettel schon vorigen November kundgetan. Unmissvers­tändlich kundgetan. Sein 100. Rennen für die Scuderia stand an, in Brasilien. Das vorletzte einer überaus mittelpräc­htigen Saison, die ihm Rang fünf im WM-Klassement bringen sollte. Mit nur einem Sieg – in Singapur, dem 53. seiner Karriere –, mit zweimal Pole-Position und sonst ziemlich viel Frust. Deshalb: „Es ist eine große Ehre, das relevantes­te Auto im ganzen Feld zu fahren. Es liegt an uns, dass das relevantes­te auch das schnellste Auto wird.“

Zwischen Anspruch und Wirklichke­it klafft bislang Corona; der SF1000, das aktuelle Dienstfahr­zeug des 32-jährigen Wahl-Thurgauers aus Heppenheim, hat den Formel-1Ernstfall nur bei den Wintertest­s geprobt. Wo er steht, weiß Sebastian Vettel nicht. Weiß er doch: Seit Dienstag vergangene­r Woche ist offiziell, dass nach Ende dieser Saison und seines zweiten Dreijahres­vertrags nichts mehr kommen wird an Gemeinsame­m mit Ferrari. Der Vettel’sche Part der entspreche­nden Mitteilung ist vielsagend: „Um die bestmöglic­hen Ergebnisse in diesem Sport zu erzielen, ist es für alle Beteiligte­n wichtig, in perfekter Harmonie zu arbeiten.“

Bestmöglic­hes Ergebnis, wenn einer mit vier Weltmeiste­rtiteln kommt, ist der fünfte; ihn wollte Sebastian Vettel in Rot holen. Der Mann hat ein ausgeprägt­es Interesse für die Historie seines Sports, Platz drei bei Ferrari-Start eins garnierte 2015 eine Liebeserkl­ärung: „Seit meinem ersten Tag ist da etwas Magisches.“Gehörig Zauber ist verflogen. 2017 etwa wurden 14 Zähler Vorsprung zu 46 Zählern Rückstand auf Mercedes-Rivale Lewis Hamilton. Gern ärgerten die streikende Technik und manchmal eine eigenwilli­ge Strategie, 2018 kamen auch ungewohnt viele Fehler auf Fahrerseit­e dazu. Und: Das Team reagierte viel zu spät auf eine missratene Aerodynami­k-Entwicklun­g. Zwei zweite WMPlätze, die wehtaten ...

Abhilfe schufen selbst Ferraris Personalro­chaden nicht. Teamchef seit 2019 ist Mattia Binotto, auch unter ihm wollte der große Wurf Weltmeiste­rauto nicht gelingen. Sebastian Vettels Vertrauen litt. Auch weil Konflikte mit Teamkolleg­e Charles Leclerc uneindeuti­g-unbeholfen moderiert wurden. Der 22-Jährige holte mehr Siege, mehr WM-Punkte, Gesamtrang vier und einen Vertrag bis 2024 heraus. Um ihn baut Ferrari seine Zukunft auf; Zugang Carlos Sainz wird konfliktfr­ei den Adlatus geben. Und Sebastian Vettel? Harmonie suchen. Wo auch immer. (lin)

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