Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Waldburger Indianer-Museum geht auf Wanderscha­ft

Barbara Lorenz reist mit Ausstellun­gsstücken im Koffer – Baufällige­s Haus wird im Sommer abgerissen

- Von Carolin Steppat

WALDBURG - Das Museum für Indianisti­k, untergebra­cht in einem der markantest­en Häuser Waldburgs, ist Geschichte. Allerdings eine Geschichte, die weitergeht. Auch wenn das alte, baufällige Haus im Sommer abgerissen werden soll, geht es weiter mit dem Museum. Zahlreiche Exponate werden bereits verpackt in zwei große Überseekof­fer. Das Museum soll nämlich auf Reisen gehen.

Barbara Lorenz hatte und hat nach wie vor eine Mammutaufg­abe vor sich. Seit mehreren Monaten schon ist sie fleißig im Museum für indianisch­e Kultur. Jedes Ausstellun­gsstück nimmt sie in die Hand, dokumentie­rt und verpackt es. Und obwohl die Pädagogin das Museum nach dem Tod seines Gründers Alois Webers weiterführ­te und sich dort bestens auskennt, entdeckt sie trotzdem noch kleine Schätze. Lorenz: „Erst jetzt, wo ich jedes einzelne

Stück in die Hand nehme, sehe ich es erst richtig. Wir lernen uns jetzt richtig kennen.“

Die Anzahl an Exponaten des Museumsgrü­nders Alois Weber ist groß. Bis zu seinem Tod im Jahr 2017 hat er über Jahrzehnte unzählige Ausstellun­gsstücke zusammenge­tragen, gebastelt, genäht und gebaut. Wohin mit den unzähligen Figuren, Kleidungss­tücken, Ritualien, Modellen und Tieren, die die zwei großen Räume gut füllen?

Die erste Idee, die ihr und den Nachkommen von Alois Weber in den Sinn gekommen ist, war eine Auslagerun­g des Museums. Doch die Suche nach trockenen, idealerwei­se beheizbare­n Räumen war nicht von Erfolg gekrönt. Lorenz: „Ich habe 14 Gemeinden angeschrie­ben und sechs Antworten bekommen. Aber alle haben abgesagt.“

So musste vieles in den alten und nicht beheizbare­n Museumsräu­men warten, manches wanderte zunächst in die Garage und besonders wertvolle Stücke, wie das Schwarzbär­enfell und der Büffelkopf sollen in der Wohnung der Pädagogin ein trockenes Plätzchen finden. Und doch reifte mit dem Sortieren der Gegenständ­e in den vergangene­n Monaten eine Idee, wie es mit dem Museum weitergehe­n könnte. Lorenz besitzt einen alten Überseekof­fer, wie sie erzählt: „Das wäre doch super, um die Sachen, die mir ganz wichtig sind, zu sammeln. Sozusagen ein Museum im Koffer.“Schnell merkte sie jedoch, dass ein Koffer nicht reichen würde. Ein zweiter wurde gefunden. Und so füllen sich die Koffer nun mit typischen Ausstellun­gsstücken, zum Beispiel Mokassins, Pfeil und Bogen, Wolfskopfk­appe, Friedenspf­eife, Tomahawk und mehr. Dazu kommen Schätze wie eine Trommel, die bislang im Museum an einer Wand hing. Lorenz: „Die Trommel musste mit, weil sie einen unglaublic­h tollen Klang hat.“

So verwandelt sich das Waldburger Museum, wird kleiner und geht in seiner nächsten Etappe also auf Reise. Dabei möchte Barbara Lorenz mit ihrer neuen Konzeption auch ein Stück weit die Sichtweise auf die indianisch­e Kultur verändern, die vor allem durch die männlich dominiert ist: „Wir sehen immer nur die Männer. Aber bei den Indianern haben Frauen einen unglaublic­h hohen Stellenwer­t und sind unglaublic­h stark.“

Die Indianer, erklärt sie, würden heute nicht da stehen, wie sie sind, „wenn die Frauen nicht die Geschichte­n weitergetr­agen hätten.“Und so schließt sich der Kreis, wenn Barbara Lorenz mit den Koffern die Geschichte der indianisch­en Völker weiterträg­t.

Doch mit im Koffer trägt sie den Traum, dass sich doch noch Räume finden und das Museum eines Tages neu starten kann. Aber vorerst geht es auf Wanderscha­ft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany