Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kommt der Luchs aus der Schweiz?
Lange waren die Beutegreifer nicht mehr im Allgäu zu sehen – Eine Wildkamera hat das Tier jetzt fotografiert
OBERALLGÄU - Die Ranger des Naturparks Nagelfluhkette staunten nicht schlecht: Als sie die Bilder einer Wildkamera auswerteten, war darauf ein Luchs zu sehen. „Das ist eine erfreuliche Nachricht“, sagt Rolf Eberhardt, Leiter des Naturparks, der sich von Immenstadt bis ins benachbarte Vorarlberg erstreckt. Die Katze mit dem kurzen Stummelschwanz und den Pinselohren ist selten geworden.
Vor etwa einem Jahr wurde ein Luchs im Raum Bad Hindelang gesichtet – davor waren die Beutegreifer 150 Jahre lang nicht mehr in den Allgäuer Wäldern unterwegs. „Seit Bad Hindelang ist mir kein weiterer Nachweis bekannt“, sagt Eberhardt. Jetzt also das Foto mit dem vorbeihuschenden Luchs. Das gefleckte Fell ist gut zu erkennen. 15 Wildkameras stehen dem Naturpark zur Verfügung, normalerweise fangen die Geräte Bilder von Dachsen, Füchsen, Hasen und Singvögel ein. „Wir wollen beobachten, was nachtaktive Tiere im Park treiben“, sagt Eberhardt.
Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat den Luchs identifiziert. Insgesamt soll es in Bayern etwa 49 Luchse geben. Sie leben hauptsächlich im Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Österreich. Woher das im Allgäu gesichtete Tier kommt und ob es sich bei der Katze um ein
Weibchen oder Männchen handelt, ist unklar. Ebenfalls nicht geklärt werden kann, ob es derselbe Luchs wie aus Bad Hindelang ist. Dafür sei die Bildqualität zu schlecht und der Vergleich des Fleckenmusters funktioniere nicht, teilt das LfU mit. „Es könnte sein, dass der Luchs aus der Schweiz gekommen ist“, vermutet Eberhardt. „Es ist ein positives Zeichen,
dass in einem durch Land- und Forstwirtschaft geprägtes Gebiet seltene Tiere vorkommen, das belegt das gute Vorgehen bei der Bewirtschaftung der Flächen.“
Jäger haben die Tiere früher als Konkurrenz betrachtet, was ein Grund für deren Ausrottung gewesen ist, sagt Luchs-Experte Uwe Friedel vom Bund Naturschutz. „Luchse hatten damals ein schlechtes Image, sie wurden oft als gefährlich und blutrünstig dargestellt, aber das sind sie nicht.“
Die Hauptbeute des Luchses, der in etwa so groß wie ein Schäferhund ist, sind Schalenwildarten wie Rehe oder Gams, aber auch Hasen und Wildschweine stehen auf seinem Speiseplan. Das Tier gilt als scheu und stellt laut Eberhardt keine Gefahr für Herdentiere oder den Menschen dar. Der Luchs sei ein Einzelgänger, sein Revier erstrecke sich über ein Gebiet von bis zu 400 Quadratkilometern. Wanderer dürften dem Tier nicht begegnen: „Ich würde einen Luftsprung machen, wenn ich einen Luchs live sehen würde.“