Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mehr als 1000 Corona-Neuinfektionen
Marke erstmals seit 7. Mai überschritten – Pflichttests für Reiserückkehrer ab Samstag
BERLIN (dpa) - Zum ersten Mal seit dem 7. Mai hat das Robert-Koch-Institut (RKI) am Donnerstag wieder mehr als 1000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden registriert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn appellierte angesichts der Zahlen an die Bürger, die Hygieneregeln einzuhalten. „Bleiben wir wachsam, halten wir die Regeln ein.“Wo das Virus eine Chance habe, breite es sich aus, sagte er am Donnerstag in Berlin. Gleichzeitig ordnete der CDU-Politiker die geplanten Pflichttests für Reiserückkehrer aus internationalen Risikogebieten – dazu zählen etwa 130 Länder – an. Die Neuregelung soll ab Samstag gelten.
Möglich sein sollen Tests etwa an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Reiseknotenpunkten, in Gesundheitsämtern oder Arztpraxen. Teststellen soll man zudem unter der ärztlichen Servicetelefonnummer 116 117 erfragen können. Mit den kostenlosen Pflichttests gehe man bei Heimkehrern aus Gebieten mit vielen Infizierten „auf Nummer sicher“, sagte der Gesundheitsminister. Testverweigerern sollen Bußgelder von bis zu 25 000 Euro drohen. Freiwillig können sich bereits seit vergangenem Samstag alle Einreisenden kostenlos testen lassen. Spahn verteidigte die umstrittene Testpflicht. „Mir ist sehr bewusst, dass das ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen ist.“Es sei aber ein zumutbarer Eingriff.
Wer aus Risikogebieten kommt, muss sich bisher für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben und beim Gesundheitsamt melden. Das soll sich mit der Testpflicht ändern. Für Rückkehrer gibt es künftig zwei Möglichkeiten: Entweder sie lassen sich schon im Urlaubsland in den 48 Stunden vor der Abreise testen, dann müssen sie den Test aber selbst bezahlen, oder sie lassen sich bis zu drei Tage nach der Rückkehr in Deutschland testen. Das ist dann kostenlos. Alle Urlauber-Tests in Deutschland bezahlen zunächst die gesetzlichen Krankenversicherungen, der Bund übernimmt die Kosten dann aber über einen schon besiegelten höheren Milliardenzuschuss.
Dass die Tests auf Steuerzahlerkosten vorgenommen werden, ist umstritten. Die FDP pocht etwa darauf, dass sie selbst bezahlt werden sollten. Fraktionsvize Michael Theurer,
Chef der Südwest-Liberalen, sagte am Donnerstag: „Was ist sozial daran, dass Durchschnittsverdiener, die zu Hause geblieben sind, um sich und die Allgemeinheit zu schützen, für Fernreisende die Tests zahlen sollen?“Auch innerhalb der Union herrscht keine Einigkeit. Thomas Bareiß, der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, sagte der „Rheinischen Post“: „Verantwortungsvolles Reisen beginnt bereits mit der Urlaubsplanung, die in diesen Zeiten eben auch einen Corona-Test umfasst. Die möglichen Kosten für einen Test gehören damit grundsätzlich zu den Reisekosten und müssen nicht zwingend von der Solidargemeinschaft getragen werden.“Zugleich begrüßte der CDU-Politiker aus Sigmaringen die Aufhebung der Reisewarnung für vier türkische Provinzen in Urlaubsgebieten. Davon würden auch hierzulande Unternehmen profitieren, es würden „deutsche Arbeitsplätze erhalten“.
In der Folge fordern nun auch andere Länder, etwa Ägypten und Tunesien, die Aufhebung der jeweiligen Reisewarnung.