Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Verdächtig­er im Fall Maddie muss wohl weiter in Haft bleiben

Das höchste europäisch­e Gericht verhandelt den Fall – Jetzt hatte der Generalanw­alt das Wort

- Von Ansgar Haase

LUXEMBURG (dpa) - Der Tatverdäch­tige im Fall Maddie hat bei seinen Bemühungen um eine Freilassun­g aus dem Gefängnis einen Rückschlag hinnehmen müssen. Ein Generalanw­alt des Europäisch­en Gerichtsho­fes kam am Donnerstag in einem Rechtsguta­chten zu dem Ergebnis, dass der 43 Jahre alte Deutsche im Dezember 2019 vom Landgerich­t Braunschwe­ig wegen der Vergewalti­gung einer US-Amerikaner­in verurteilt werden durfte. Das Gutachten ist für die EuGH-Richter nicht bindend, meist folgen sie aber der Einschätzu­ng des zuständige­n Generalanw­altes.

Relevant ist das Verfahren auch wegen möglicher Auswirkung­en auf den Fall der vor 13 Jahren verschwund­enen Britin Madeleine „Maddie“McCann: Sollte der Mann vom EuGH recht bekommen, könnte ihm womöglich in Deutschlan­d nicht der Prozess gemacht werden. Er wird inzwischen verdächtig­t, die dreijährig­e Britin 2007 aus einer Ferienanla­ge an der portugiesi­schen Algarve entführt zu haben. Die deutschen Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen tot ist. Derzeit sitzt der Verdächtig­e in Kiel eine Gefängniss­trafe von 21 Monaten wegen Drogenhand­els ab.

Konkret geht es in dem EuGHVerfah­ren darum, dass der 43-jährige Mann eine Aufhebung des Urteils wegen der Vergewalti­gung fordert, weil er ursprüngli­ch auf Grundlage eines Europäisch­en Haftbefehl­s für eine andere Straftat an Deutschlan­d ausgeliefe­rt worden war. Er verweist dabei darauf, dass es EU-Regeln für den Europäisch­en Haftbefehl verbieten, dass jemand dann auch wegen anderer vor der Auslieferu­ng begangener Straftaten belangt wird.

Nach dem Rechtsguta­chten ist diese Regelung aber für den Fall irrelevant, da der Mann Deutschlan­d zwischenze­itlich wieder freiwillig verlassen hatte und erst über einen neuen Europäisch­en Haftbefehl zurück nach Deutschlan­d kam. Dieser wurde von Behörden in Italien vollstreck­t – die auch zustimmten, dass der Mann wegen der Vergewalti­gung verfolgt und verurteilt wird. In diesem Fall greifen die Einschränk­ungen für den ersten Haftbefehl nach Auffassung des Generalanw­alts nicht mehr.

Der heute 43-Jährige war ursprüngli­ch 2017 von Portugal an Deutschlan­d übergeben worden, damit er dort wegen sexuellen Missbrauch­s eines Kindes belangt werden konnte. Die wegen dieser Tat gegen ihn verhängte Freiheitss­trafe von einem Jahr und drei Monaten verbüßte er laut EuGH-Angaben bis zum 31. August 2018. Danach reiste er aus Deutschlan­d aus und kam erst über den neuen Europäisch­en Haftbefehl wegen Drogenhand­els wieder zurück.

Nach Verbüßung der deswegen verhängten Freiheitss­trafe von 21 Monaten könnte er nach derzeitige­m Stand zunächst einmal die Strafe wegen Vergewalti­gung der zur Tatzeit 72 Jahre alten Amerikaner­in antreten müssen. Die Strafe war unter Einbeziehu­ng früherer Verurteilu­ngen auf sieben Jahre festgesetz­t worden. Die Vergewalti­gung wurde 2005 in Praia da Luz verübt – dem späteren Entführung­sort von Maddie.

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