Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hoffen auf den „Auserwählten“
Juventus verblüfft mit der Wahl von Trainer-Neuling Andrea Pirlo die Fußballwelt
TURIN (SID) - „Große Überraschung“, „Wagnis“, „revolutionär“: Während sich die Reaktionen zur Inthronisierung von Andrea Pirlo als neuer Trainer bei Juventus Turin überschlugen, reagierte Gianluigi Buffon gewohnt cool und begrüßte seinen alten und jetzt neuen Weggefährten auf seine Weise: „Muss ich dich jetzt also Mister nennen!?!?!“, frotzelte Juves Torhüter-Ikone bei Instagram und wünschte Pirlo, mit dem er in der Nationalmannschaft und bei Juve schon so viele Titel gewonnen hat, viel Glück auf dessen heikler Mission. Nach dem schmerzhaften Champions-League-Aus am Freitag soll der 2006-Weltmeister nichts weniger, als den italienischen Abomeister um Superstar Cristiano Ronaldo endlich wieder zurück an die europäische Spitze führen.
„Juve wagt einen revolutionären Schritt, der sehr unitalienisch, eventuell spanisch ist“, kommentierte „Corriere dello Sport“. Kein Zinedine Zidane, kein Mauricio Pochettino und auch kein Simone Inzaghi: Die Entscheidung, einen blutigen Anfänger im Trainerbusiness, einen Novizen komplett ohne Erfahrung an der Seitenlinie an die Spitze der Alten Dame zu hieven, überrascht Italiens Fußballwelt und war selbst für erfahrene Juve-Stars wie den inzwischen 42jährigen Buffon nicht vorhersehbar.
Pirlo, eine Institution im Weltfußball, zweimaliger Champions-League-Sieger und sechsmaliger italienischer Meister, war erst vor wenigen Tagen als Trainer von Juves U23 installiert worden. Doch nach dem bitteren Achtelfinal-Aus gegen Olympique Lyon am Freitagabend hievte das Klubmanagement um den mächtigen Vereinsboss Andrea Agnelli den 41Jährigen kurzerhand auf den Cheftrainerposten – als Ersatz für den an den hohen Erwartungen gescheiterten Maurizio Sarri.
„Der Junge war einer von uns, hat bei uns gespielt und ist immer mit uns in Kontakt geblieben. Er kann ein Auserwählter sein, so wie er es als Fußballer war“, begründete Turins technischer Direktor Fabio Paratici den Schritt. Pirlo, der einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieb, holte in seiner Zeit bei Juve zwischen 2011 und 2015 stets den Meistertitel. Zudem prägte er mit seiner starken Technik, seiner Übersicht und Intelligenz das Spiel der Nationalmannschaft über viele Jahre.
„Diese Wahl ist ein Wagnis, daran besteht kein Zweifel, sowohl für Andrea als auch für Juve“, urteilte der frühere Nationalspieler Alessandro Costacurta, der zusammen mit Pirlo zweimal die Königsklasse mit Mailand gewonnen hatte: „Aber es ist eine schöne Wette.“Juve-Legende Alessandro
Del Piero legte sich bei Sky fest: „Ihm wird Großes gelingen.“
Mit dem Beschluss, auf Pirlo zu setzen, dürfte auch ein möglicher Abgang von Ronaldo vom Tisch sein. Der Portugiese war zuletzt häufiger mit Sarri aneinandergeraten. Dessen Entlassung gilt nun als Sieg Ronaldos. „Turin ist zu einem Wilden Westen geworden, wo der Stärkste (Ronaldo) siegt, während der Verlierer (Sarri) die Szene verlassen muss“, kommentierte der „Corriere dello Sport“.
Freiburg beginnt Vorbereitung: Der SC Freiburg hat seinen bisherigen Ersatzkeeper Mark Flekken nach dem Abgang von Stammtorhüter Alexander Schwolow an sich gebunden. Wie die Breisgauer mitteilten, wurde der Vertrag mit dem 27 Jahre alten Flekken verlängert. „Mark hat mit seiner akribischen Arbeitsweise gezeigt, dass er alle Voraussetzungen mitbringt, unsere Planungen auf der Torwartposition optimal zu erfüllen“, sagte SC-Vorstand Jochen Saier. Unterdessen steigt der SC noch ohne Neuzugang Ermedin Demirovic am Montag als letzter Bundesligist in das Mannschaftstraining ein. Der 22 Jahre alte Bosnier hat Urlaub bekommen, nachdem er die Schweizer Saison mit dem FC St. Gallen erst am Montag beendet hatte, wie der Club bestätigte.
VfB Stuttgart verpflichtet Sturmtalent: Der VfB Stuttgart hat den 16 Jahre alten niederländischen Junioren-Nationalspieler Mohamed Sankoh verpflichtet. Der Stürmer kommt vom englischen Club Stoke City und soll zunächst für die U19 spielen. „In einer inhaltlichen, engen Verzahnung zwischen Nachwuchs und Lizenzabteilung werden wir ihn behutsam und gezielt an die Anforderungen des Herrenbereichs heranführen“, sagte Thomas Krücken, Direktor Sport des Nachwuchsleistungszentrums. Sankoh habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, hieß es weiter. Derweil hat der Aufsteiger im ersten Testspiel nach der Sommerpause gegen Fußball-Zweitligist SV Sandhausen einen deutlichen Sieg eingefahren. Gegen den Ligakonkurrenten der vergangenen Saison gewann das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo im RobertSchlienz-Stadion in Stuttgart mit 6:1 (2:1). Philipp Förster (23.), Gonzalo Castro (33.), Daniel Didavi (63.), Pascal Stenzel (78.), Wataru Endo (84.) und Nicolas Gonzalez (87.) sorgten für das halbe Dutzend beim VfB. Der Treffer von Sandhausens Kevin Behrens aus der 40. Minute war nur Ergebniskosmetik. Ihr nächstes Testspiel bestreiten die Schwaben am Freitag beim französischen Spitzenclub Olympique Marseille.
Kleber gewinnt Duell mit Antetokounmpo: Basketball-Nationalspieler Maximilian Kleber hat mit den Dallas Mavericks beim Saisonfinale der nordamerikanischen Profiliga NBA einen Überraschungscoup gelandet. Die Texaner bezwangen Titelkandidat Milwaukee Bucks um Superstar Giannis Antetokounmpo mit 136:132 nach Verlängerung und setzten nach zahlreichen durchwachsenen Leistungen seit dem Restart gut eine Woche vor dem Start der Play-offs ein gewaltiges Ausrufezeichen. Kleber zeigte mit 15 Punkten und der stärksten Trefferquote seines Teams eine starke Leistung.
Entwarnung bei Boateng und Coman: Bayern München kann im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Barcelona aller Voraussicht nach Jérôme Boateng einsetzen. Das bestätigte Trainer Hansi Flick nach dem 4:1 gegen den FC Chelsea. Boateng musste in der 64. Minute angeschlagen ausgewechselt werden. Auch Kingsley Coman, der wegen muskulärer Probleme gefehlt hatte, steht wohl zur Verfügung.
Da Costa neuer Meister: Antonio Felix da Costa ist der neue Champion in der Formel E. Der 28 Jahre alte Portugiese krönte sich in Berlin vorzeitig zum Meister der vollelektrischen Rennserie. Da Costa reichte im drittletzten Saisonrennen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof in Berlin der zweite Platz. „Ich habe einfach keine Worte im Moment“, sagte der 28-Jährige mit Tränen in den Augen.