Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Doch keine Felix-Wankel-Straße?
Warum die Kißlegger Verwaltung die Entscheidung wegen der fragwürdigen Vergangenheit überdenken will
KISSLEGG/ WANGEN (swe) - Drei Wochen ist es her, dass der Kißlegger Gemeinderat nach mehreren Vorschlägen zur Namensgebung einer Straße im Gewerbegebiet Zaisenhofen-West doch noch zu einer Entscheidung kam – und sich mehrheitlich auf eine „Felix-Wankel-Straße“einigte. Eine alles andere als glückliche Wahl. Denn erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Erfinder des Kreiskolbenmotors bereits 1922 Mitglied der NSDAP gewesen ist und auch sonst „dunkle Flecken“in seiner Biographie aufweist.
Für „Friedrich-August-Haselwander-Straße“(Erfinder des modernen Elektromotors) warb damals die Verwaltung als Namensgeber. CDU-Gemeinderat Wolfgang Schuwerk schlug Rudolf Diesel vor. Jacob Frey (SPD) warb für „Otto-Straße“, Hubert Braun (Grüne) für „Georg-Pfender-Straße“. Schließlich setzte sich Werner Schuwerk mit seinem Vorschlag „FelixWankel-Straße“durch. Nach dem Beschluss und eigenen Recherchen wandte sich Wolfgang Schuwerk an Bürgermeister Dieter Krattenmacher und alle Mitglieder des Gemeinderats und überließ ihnen Infos, die auch bei Wikipedia nachzulesen sind.
Wankel klebte demnach in seiner Jugend Flugblätter mit antisemitischem Hintergrund, war mit 20 Jahren Mitglied der NSDAP und trat 1926 erneut in die zwischenzeitlich verbotene Partei ein. Wankel begeisterte Jugendgruppen für völkisch-nationalistische Ziele, hatte mit 26 Jahren Kontakt zu Adolf Hitler und Heinrich Himmler, war mit 29 Jahren Gauleiter der Hitlerjugend in Lahr und behauptete laut Schuwerk von sich, für den Reichsführer der SS tätig zu sein. „Obwohl Wankel 1933 für sechs Monate im Knast saß und sich später als Opfer des Nationalsozialismus sah, war er laut Historikern ein überzeugter Nationalsozialist“, schreibt Schuhwerk in seiner Mail an Verwaltung und Ratskollegen. Gleichzeitig regte er an, „vor diesem Hintergrund die Namensgebung FelixWankel-Straße nochmals zu überdenken“.
Ähnlich sieht das inzwischen auch der Bürgermeister: „Mir war die fragwürdige Seite Wankels und seine politische Gesinnung völlig neu.“Dadurch, dass der Name aus der Diskussion heraus und aus den Reihen des Rats gekommen sei, habe man den Namen im Vorfeld (anders als beim Vorschlag der Verwaltung) nicht prüfen können, sagt Krattenmacher: „Nachdem im Nachgang zu der letzten Sitzung aus der Mitte des Gemeinderats vorgeschlagenen Person Felix Wankel Anhaltspunkte aufgetaucht sind, die Herrn Wankel als „unwürdig“für die Benennung einer Straße erscheinen lassen könnten, wird die Verwaltung derzeit diesen Beschluss nicht vollziehen und die Angelegenheit auf die Tagesordnung einer der kommenden Gemeinderatssitzungen nehmen.“Dann kann das Gremium erneut beraten und einen Beschluss fassen. Eine Felix-Wankel-Straße gibt es im Übrigen in mehreren Städten, darunter in Heidelberg, Dachau, Konstanz, Neckarsulm, Ostfildern, Filderstadt, Rottenburg am Neckar, Aalen, Lindau, Bad Waldsee und Wangen. Letztere ist Ende der 90er-Jahre entstandenen und im interkommunalen Gewerbegebiet Schauwies angesiedelt. „Zustande kam die Straßenbezeichnung nach einem Empfehlungsbeschluss des Wangener Gemeinderats“, erinnert sich Jürgen Gauß, Vorsitzender des Zweckverbands Geiselharz-Schauwies. Damals war man sich einig, dass Straßen in diesem Gebiet nach Technikgrößen aus der Region benannt werden sollen. In diese Kategorie fiel auch Felix Wankel, der lange Jahre in Lindau wirkte. „Das ging vor 22 Jahren ohne große Diskussion durch“, sagt Gauß über die Beschlussfassung im Zweckverband.
Wankel ist Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Lahr (1981) und Träger des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland (1970) sowie des Verdienstordens des Landes Bayern (1973). Er gründete noch zu Lebzeiten eine Stiftung unter seinem Namen, die Tierschutz unterstützt. Auch einen Krebshilfe-Fonds hat er ins Leben gerufen. Wankel selbst starb mit 86 Jahren an Krebs.