Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Literaturtage als Mutmacher
Vierwöchiges Festival in Leutkirch, Isny und Wangen ist eröffnet – Harmonie trotz Distanz
LEUTKIRCH - Der Startschuss für die Baden-Württembergischen Literaturtage in Leutkirch, Isny und Wangen ist gefallen. Knapp 150 Veranstaltungen unterschiedlicher Formate sollen in den kommenden Wochen über die Bühne gehen. Den offiziellen Auftakt markierte eine Eröffnungsfeier am Samstag in der Leutkircher Festhalle. Um die CoronaMaßnahmen einhalten zu können, durften lediglich 99 geladene Gäste daran teilnehmen. Alle weiteren Interessierten konnten den heiteren Abend via Live-Stream im Internet verfolgen.
„Für mich ist dieses Festival ein Mutmacher“, verkündete Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle in seinem Grußwort. Denn: Er sieht die Literaturtage als Beispiel für einen verantwortungsvollen Umgang mit der neuen Realität in Zeiten der Pandemie. Schon bei der Eröffnungsveranstaltung wurde deutlich, dass trotz der räumlichen Distanz und der geringeren Besucherzahlen eine harmonische und stimmungsvolle Atmosphäre aufkommen kann.
Einen wesentlichen Anteil daran hatten sowohl drei Jugendliche, die der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu angehören und als „Käsedreieck Percussion“für anspruchsvolle musikalische Unterhaltung sorgten. Ein weiterer kultureller Höhepunkt stellte der Auftritt von Mitgliedern des Tübinger Harlekin-Theaters dar. Sie boten Improvisationstheater auf höchstem Niveau.
Zu den Gästen des Eröffnungsabends zählten unter anderem Andreas Schüle vom Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, die Bürger- und Oberbürgermeister der drei Allgäu-Städte sowie Landtagsabgeordneter Raimund Haser (CDU). Eingeladen waren auch Vertreter der Gemeinderäte und des kulturellen Lebens aus Leutkirch, Isny und Wangen. Maximilian Eiden, Leiter des Kulturbetriebs des Landkreises, moderierte den Abend souverän.
Dass die Literaturtage trotz der Corona-Pandemie nun eröffnet werden können, ist aus Sicht von Andreas Schüle, Referatsleiter beim Land Baden-Württemberg, „einfach nur großartig“. In seinem Grußwort berichtete er, mit welchem „Feuereifer“sich Vertreter der drei Ausrichterstädte im Vorfeld für ein Gelingen der Literaturtage ins Zeug gelegt hätten. „Die wollen das wirklich“, sei Schüle vor einigen Monaten schnell klar geworden.
„Weiterlesen“lautet das Motto der kommenden Wochen. Wie Schüle ausführte, sollten die Menschen weniger Kurzmeldungen und Kurznachrichten lesen, sondern sich dazu zwingen, weiterzulesen und bei Büchern und Artikeln mehr ins Detail zu gehen. So lassen sich seiner Einschätzung nach in vielen Fällen sogenannte Fake-News erkennen. Zudem empfiehlt Schüle allen Literaturinteressierten,
auch schwer verständliche Bücher zu Ende zu lesen und sich deren Komplexität zu stellen.
Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle will derweil weiterlesen, „weil mich Lesen immer in Fantasiewelten eintauchen lässt“. Das sei eine Möglichkeit, um den Alltag eine zeitlang zu vergessen. Henle bedankte sich am Samstag bei den vielen Menschen, die das Festival ermöglicht haben und stellte in einem Grußwort – das er stellvertretend für die drei Gastgeberstädte hielt – den hohen Stellenwert der Kultur in Leutkirch, Isny und Wangen heraus. Die Literaturtage seien eine „willkommene und gute Gelegenheit“, das württembergische Allgäu mit seinem lebendigen und vielfältigen kulturellen Angebot überregional zu präsentieren. „Freuen wir uns auf viele stimmungsvolle und interessante Literaturabende“, sagte Henle.
Schon am Eröffnungsabend kamen Kulturliebhaber auf ihre Kosten. Die Allgäuer Percussionisten setzten bei ihren Auftritten bewusst Bezüge zur Literatur sowie der Corona-Pandemie her. So komponierte Matthias Jakob beispielsweise das Stück „QuaranTöne“. Für Abwechslung sorgten zudem Schlaginstrumente, die als Bücher getarnt zum Einsatz kamen.
Das Improvisationstheater aus Tübingen beanspruchte im zweiten Teil des Abends die Lachmuskeln des Publikums und sorgte für einen heiteren Abschluss. Dabei gestalteten die Schauspieler ihren Auftritt spontan auf Zuruf der Zuschauer – und das etwa in Form von anspruchsvollen Gedichten, Musical-Balladen oder Opern. Gekonnt integrierten die Künstler Zitate der Redner, die im Verlauf des Abends gefallen waren. So ergab sich beispielsweise die Situation, dass eine Besucherin des Schwarzen Grats verkündete: „Du musst den Text so lange lesen, bis er anfängt zu sprechen.“