Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ravensburg greift durch
Auflagen für Wirte an der Schussenstraße – Serpentinenweg macht Probleme
RAVENSBURG (bua) - Nachdem sich die Situation rund um den Ravensburger Bahnhof spürbar beruhigt hat, beschäftigen jetzt zwei andere schwierige Plätze die Stadtverwaltung. Im Serpentinenweg machen Lärm und Müll Probleme, viel schwerwiegender ist aber die Situation in der Schussenstraße, wo es regelmäßig zu Körperverletzungen kommt. Dagegen will die Stadt nun vorgehen.
Der spektakulärste Fall ereignete sich am letzten Juniwochenende: Polizisten stoppten ein Auto vor einer Gaststätte in der Schussenstraße. Dabei sahen sie sich plötzlich von einer zehnköpfigen Menschenmenge umringt. Bei dem Versuch, einem aggressiven Mann Handfesseln anzulegen, wurde ein Polizist von einem 29-Jährigen mit einem Kniestoß gegen den Kopf schwer verletzt. Der Beamte war daraufhin wegen einer Knochenabsplitterung an der Halswirbelsäule drei Wochen dienstunfähig.
Im August, ebenfalls an einem Wochenende, wurde in dem Lokal ein 26jähriger Mann von einem Gast attackiert, nachdem er sich als schwul geoutet hatte. Dabei feuerten andere Gäste den Täter sogar noch an. Draußen schlug der Angreifer den 26-Jährigen auf den Hinterkopf und dessen Bekannten mit der Faust in den Magen.
Im September gab es in der Schussenstraße einen weiteren Zwischenfall: Ein 19-Jähriger, der betrunken war und daher von Türstehern den Zutritt zu der Gaststätte verwehrt bekam, soll die Männer beleidigt haben. Es kam zu Handgreiflichkeiten. Nach Polizeiangaben wurde der 19-Jährige dabei von den Türstehern geschlagen.
Ravensburgs Erstem Bürgermeister Simon Blümcke reicht es jetzt, wie er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“sagte. In einem ersten Schritt wird die Stadt daher die Schussenstraße in die SperrzeitenSatzung der Altstadt aufnehmen. Da sich die meisten Tätlichkeiten in der späten Nacht beziehungsweise in den frühen Morgenstunden ereigneten, müssen die Gaststätten in der Schussenstraße künftig am Wochenende um drei Uhr schließen – und nicht wie bisher um fünf Uhr morgens. Blümcke: „Sollte es dort weiterhin Auffälligkeiten geben, verlängern wir die Sperrzeit auf ein Uhr.“Reiche auch das nicht, seien weitere repressive Maßnahmen denkbar.
Relativ glimpflich erscheinen im Vergleich dazu die Probleme am Serpentinenweg. Dass Lärm, Glasscherben und wilder Müll für Anwohner und Spaziergänger dort dennoch eine „Zumutung“sind, ist dem Ersten Bürgermeister klar, wie er sagt. Der Serpentinenweg, gelegen zwischen Mehlsack-Plateau und Veitsburg, wurde im Juni 2016 eröffnet. Bereits im Sommer 2018 hatte die Stadtverwaltung angekündigt, wegen zunehmender Klagen über Vermüllung und Lärm den Ordnungsdienst aufzustocken und zusätzlich einen externen Sicherheitsdienst für Kontrollen einzusetzen.
Das reichte aber offenbar nicht. Simon Blümcke erklärt sich das mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie, gerade auf junge Leute: „Bars, Lokale, der Skatepark, die Jugendhäuser, die Sportplätze: Alles war geschlossen.“Da zudem über Monate hinweg das Wetter gut war, sei ein „Riesendruck auf den öffentlichen Raum“entstanden. Denn irgendwo musste man sich während der Zeit der massivsten Corona-Einschränkungen ja treffen.
Die Stadtverwaltung habe in Absprache mit der Polizei im Frühjahr und Sommer die oberste Priorität auf den Infektionsschutz gelegt, also das Einhalten von Abstandsregeln auch bei Treffen draußen. Blümcke: „Lärmschutz oder Sauberkeit standen da etwas hintenan. Aber wir konnten nicht alles auf einmal angehen.“Dennoch verweist Blümcke auf die Bemühungen der Stadt. Die Polizei habe den Serpentinenweg stärker bestreift, ein Sicherheitsdienst sei im Einsatz, beim kommunalen Ordnungsdienst soll zudem eine weitere Stelle geschaffen werden. Gegenüber 2018 habe man den Arbeitseinsatz der Reinigungskräfte verdreifacht: „Wir holen da 80 Prozent mehr Müll raus als noch vor zwei Jahren.“
„Wir haben eben keinen Stadtpark, daher suchen sich Jugendliche andere Orte, an denen sie sich aufhalten können“, sagt der Bürgermeister. Die Stadt versuche durch Ansprechen der jungen Leute, sie zu überzeugen, sich an die Regeln zu halten, die Lautstärke der Musik zu reduzieren und beim Gehen ihren Müll mitzunehmen. Also ist am Serpentinenweg Prävention eher angesagt als Repression? Blümcke: „Wenn man mehr Security will, dann muss der Gemeinderat entscheiden, ob er angesichts der Haushaltslage dafür Geld ausgeben möchte.“