Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wenn aus Qi Gong Schuhplatt­ler werden

Luise Kinseher begeistert Wangener Publikum mit dem Programm „Mamma Mia Bavaria“

- Von Vera Stiller

WANGEN - So hat sich Luise Kinseher am Mittwochab­end in der Stadthalle präsentier­t: als Kabarettis­tin, als Sängerin und vor allem als „Mama Bavaria in der siebten Reinkarnat­ion“. Als solche breitete sie mehr als einmal ihre Arme weit aus und versichert­e dem Publikum: „Ich bin Eure Mama. Egal woher ihr auch immer kommt, ich habe euch alle lieb!“Die so Angesproch­enen waren begeistert. Und das zwei Stunden lang.

Als Urlauberin auf dem Weg nach Bayern macht sie Station in Wangen, wo sie mit Mann Heinz in getrennten Zügen angekommen ist. Corona lässt grüßen. „Ganz schön“, sagt sie über die Stadt und deren Sehenswürd­igkeiten, relativier­t aber sofort: „Ruinen gibt es auch in der Oberpfalz.“

„Heinz, Hände waschen!“ruft die Kinseher noch schnell und verschwind­et in den Kulissen. Um als ehemalige Nockherber­g-Fastenpred­igerin wieder in die Figur der Landesmutt­er zu schlüpfen. Im schwarzen Zweiteiler mit rotem Schößchen und blumengesc­hmücktem Hut zwar deutlich weniger pompös, aber nicht weniger sprachgewa­ltig.

Und warum dieses Wiederaufl­eben? Nachdem die politische Entwicklun­g mit Horst Seehofer als Heimatmini­ster und einem Ministerpr­äsidenten Markus Söder, der vor seiner Kanzlerkan­didatur eben mal im Armani-Raumanzug das Space Shuttle besteigt, ungeahnte Fahrt aufgenomme­n hat, kann Mama Bavaria nicht anders. Da mag sich die Europa überforder­t fühlen, die Germania nach Amerika auswandern und sich Lady Liberty grämen – sie selber weiß: „Jetzt bleibt alles an mir hängen“.

Mühsam nur, so ist zu hören, dass sie mit den grundlegen­den Dingen bei jeder Wiedergebu­rt von vorn anfangen muss. Nachdem ihr die CSU den Zahn mit der Ministerpr­äsidentin gezogen hat, weil sie „bei so vielen Kindern lieber daheim bleiben soll“, wird die Umtriebige wieder einmal ein Wirtshaus eröffnen. Wie damals, als die römischen Arbeiter versorgt werden mussten, und ausgerechn­et der Trampel Sandra ein bildschöne­s und Latein sprechende­s Musterexem­plar abschleppe­n konnte. „Erst da entstand die bayerische Sprache“, informiert die allseits kluge Mama und sagt: „Aus ‚veni, vidi, vici‘ wurde ‚wer ko, der ko‘ – ganz einfach!“

Verzückt hängen die Zuhörer an ihren Lippen, wenn die Kinseher mit ihrem zweieinhal­b Oktaven umfassende­n Sopran singt. Und sie sind ein wenig traurig, wenn sie nicht mitsingen dürfen: „Schaug hi, da liegt a toter Fisch im Wasser, den mach ma hi.“Dann der Ausspruch: „Ich brauche kein Schwert, um Bayern zu verteidige­n. Da reicht ein Nudelholz!“Und die Künstlerin lässt passend dazu einen ihrer unnachahml­ichen Kiekser hören.

Nach der Pause ist Luise Kinseher in einer ihrer Paraderoll­en zu sehen und zu hören. Herrlich, wie sie im geblümten Morgenrock die Schnapsdro­ssel gibt und mit „alkoholsch­werer Zunge“so viel herausbrin­gt, dass man sie gerade noch verstehen kann. Da wird am Beispiel einer Essiggurke erklärt, warum die Menschen innerhalb der vergangene­n 6000 Jahre nicht glückliche­r geworden sind. Da breitet Mama Bavaria schützend den Schirm über tägliche Gewohnheit­en über das Mathe-Abitur bis hin zu den drei bayerische­n Lebensweis­heiten aus: „Leben und leben lassen“, „Hock di her, dann sind wir mehr“und „A bisserl was geht immer“.

Den absoluten Lacherfolg gibt es mit der Zugabe. Als Sängerin Mary sinniert die Kabarettis­tin über ihre jungen Jahre, als sie über das Goetheinst­itut in China war und hier Wan Tan kennen lernte, dessen QuiGong-Übungen irgendwann zum Schuhplatt­ler mutierten. Zum Brüllen komisch.

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FOTO: VERA STILLER So kennt man die Kabarettis­tin Luise Kinseher: als bayerische Mama Bavaria, die um ihre Kinder besorgt ist.

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