Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Clemens Moll wegen Untreue angezeigt

Staatsanwa­ltschaft prüft Einleitung eines Ermittlung­sverfahren­s gegen Amtzells Bürgermeis­ter

- Von Bastian Schmidt

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AMTZELL - Amtzells Bürgermeis­ter Clemens Moll steht juristisch­es Ungemach ins Haus. Dabei wollte die Gemeinde eigentlich nur helfen. Doch die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts, für die Opfer der verheerend­en Explosion im Hafen von Beirut zu spenden, könnte für den Bürgermeis­ter ein Nachspiel vor Gericht haben. Wie Moll am Montagaben­d bekanntgab, wurde gegen ihn Strafanzei­ge wegen Untreue erstattet. Der Rat revidierte daraufhin seine ursprüngli­ch getroffene Hilfsentsc­heidung.

Es war dem Gemeindeob­erhaupt anzumerken, dass er mit dieser Entwicklun­g nicht gerechnet hatte. Am

21. September hatte sich die Gemeinde Amtzell dazu entschloss­en, einen Euro pro Einwohner an die Soforthilf­e für die Explosions­opfer im Hafen der libanesisc­hen Hauptstadt Beirut zu spenden (die SZ berichtete). Die Entscheidu­ng zur Soforthilf­e erfolgte seinerzeit auf Anregung des interkommu­nalen Libanon-Ausschusse­s, in dem die Gemeinde bereits seit einigen Jahren vertreten ist. Insgesamt 4200 Euro wären auf diese Weise zusammenge­kommen. Zudem hatte der Amtzeller Fördervere­in „Füreinande­r - Miteinande­r“diesen Betrag aufstocken wollen, sodass aus Amtzell eine Spende in Höhe von 5000 Euro in das krisengebe­utelte Land geflossen wäre. Doch daraus wird nun nichts. Denn bereits wenige Tage nach der Bekanntmac­hung der „Ein-Euro-pro-Einwohner-Spende“ging bei der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg die Strafanzei­ge ein.

„Wir können bestätigen, dass am

29. September eine Anzeige wegen Untreue gegen Clemens Moll bei uns eingegange­n ist. Sie basiert grundlegen­d auf der Berichters­tattung in der Zeitung. Wir werden jetzt prüfen, in wie weit hier ein Ermittlung­sverfahren einzuleite­n ist“, bestätigte Staatsanwä­ltin Tanja Kraemer, Pressespre­cherin der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“den aktuellen Stand.

Für Moll und seine Ratskolleg­en ist das ein Schlag ins Gesicht. Waren sie doch der Meinung, mit der Aktion eine gute Tat zu tun. Moll betonte bei der Bekanntgab­e im Gemeindera­t noch einmal, dass er den einstimmig im Rat gefassten Entschluss als Zeichen der Menschlich­keit und Hilfsberei­tschaft angesehen habe. „Dass dies in einer Strafanzei­ge mündet, geht an die Substanz. Es war der Versuch, mit gutem Beispiel voranzugeh­en und Gutes zu tun. Wir wollten den Menschen helfen, die Hilfe dringend nötig haben“, so der Bürgermeis­ter.

Weit weniger emotional sieht der Wangener Bürger André Kehle die Angelegenh­eit. Er hat die Strafanzei­ge gegen den Bürgermeis­ter gestellt und erklärt gegenüber der Schwäbisch­en Zeitung, dass er persönlich keinen Groll gegen die Person Clemens Moll oder die Aktion an sich hege. „Ob er bestraft wird oder nicht, ist mir egal. Ich habe den Sachverhal­t intensiv im Internet nachgefors­cht und bin der Meinung, dass hier objektiv betrachtet eine Strafbarke­it vorliegt. Die verfassung­srechtlich­e Selbstverw­altungsgar­antie

der Kommunen gibt eine solche Zuständigk­eit nicht her.“Herauszufi­nden, ob dies so ist und ob womöglich Vorsatz vorliegt, sei nun Sache der Staatsanwa­ltschaft. Sollte diese zu einem gleichlaut­enden Ergebnis kommen, müsse die Kommune von der Justiz „mal wieder in ihre Schranken gewiesen werden. Das ist mir eine Herzensang­elegenheit“, so Kehle.

Im Gemeindera­t stößt die Anzeige indes fraktionsü­bergreifen­d auf Unverständ­nis. Rat Arno Leisen betonte, dass der Entschluss seinerzeit einstimmig getroffen wurde, weshalb „wir eigentlich alle auf der Anklageban­k sitzen müssten.“. Imelda Schnell zeigte sich von der Anzeige enttäuscht. Es sei allen Räten bewusst, dass es keine originäre, kommunale Aufgabe sei, überall in der Welt mit Geld zu helfen. Es sei aber in diesem Fall auch für sie ein Zeichen der Hilfsberei­tschaft gewesen, „zumal die Person, an die wir das Geld geschickt hätten, im Allgäu persönlich bekannt ist und sicher kein Cent verloren gegangen wäre.“

Unter der Leitung des stellvertr­etenden Bürgermeis­ters Hans Roman,

der den Vorsitz für diesen Tagesordnu­ngspunkt von Moll übernommen hatte, der wegen Befangenhe­it im Zuschauerr­aum Platz nahm, wurde der Ratsbeschl­uss zur Unterstütz­ung der Libanon-Soforthilf­e aufgehoben. Die Gemeinde leistet folglich keine finanziell­e Zuwendung. Gleichzeit­ig regte der Gemeindera­t aber eine Spendenakt­ion zur Unterstütz­ung der Explosions­opfer an. Über einen Aufruf möchte man Privatpers­onen, Unternehme­n und andere Organisati­onen für eine Unterstütz­ung gewinnen. „Ich glaube, wir können auch mit einem Spendenauf­ruf in der Gemeinde erfolgreic­h sein und einiges zusammenbe­kommen“, freute sich Roman über diesen, ebenfalls einstimmig getroffene­n Beschluss, der dann schlussend­lich doch noch ein Zeichen der Hilfsberei­tschaft aus Amtzell in den Libanon senden könnte.

Bei der Katastroph­e am 4. August waren offizielle­n Angaben zufolge knapp 200 Menschen getötet und mehr als 6000 verletzt worden. Teile des Hafens und umliegende­r Viertel wurden zerstört. Das Ereignis hatte weltweit einen Schock ausgelöst.

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FOTO: BILALAL JAWICH Die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts, für die Opfer der verheerend­en Explosion im Hafen von Beirut zu spenden, könnte für den Bürgermeis­ter ein Nachspiel vor Gericht haben.

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