Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wer bekommt künftig noch einen Bauplatz in Ravensburg?
Stadt will Kriterien für die Vergabe der begehrten Flächen überdenken – Grüne fordern: Nachhaltigkeit belohnen
RAVENSBURG - Das Bauland in Ravensburg ist begehrt – doch wer bekommt die Möglichkeit, sich einen der knappen Bauplätze zu kaufen? Die Stadt Ravensburg will die Kriterien für die Vergabe von Bauplätzen in nächster Zeit überdenken und neu ausrichten. Die Grünen, die das Thema mit einem Antrag auf die politische Tagesordnung gebracht hatten, fordern, Umweltfreundlichkeit zu belohnen.
„Wir wollen nachhaltiges Bauen fördern“, sagte Martina Lehn von der Grünen-Gemeinderatsfraktion in der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses. Bauplätze wird es in nächster Zeit vor allem in den sechs Baugebieten geben, die mithilfe des Paragrafen 13b des Baugesetzbuches beschleunigt auf den Weg gebracht wurden. Sie befinden sich in Ravensburg-Stadt, Untereschach, Schmalegg und Taldorf.
In ihrem Antrag zu dem Thema loben die Grünen die bisherigen Äußerungen der Stadt zur Bebauung der neuen Gebiete: „Durch (...) den ausdrücklichen Wunsch, auch in den Ortschaften verdichtet zu bauen und Baugemeinschaften zu fördern, wurden hier die Weichen in die richtige Richtung gestellt.“Die Vergabekriterien für Grundstücke hält die Fraktion für ein weiteres Werkzeug, mit dem die Stadt steuern kann, wie dort gebaut wird.
Die Grünen sprachen sich dafür aus, einem Bewerber Pluspunkte zu geben, ihn also zu bevorzugen, wenn er sich zum Beispiel verpflichtet, ein Passivhaus zu bauen, mit dem sich insbesondere Heizenergie einsparen lässt. Auch die Verwendung ökologischer Baustoffe könnte nach Ansicht der Grünen einen Vorteil bedeuten, etwa, wenn ein Haus in Holzbauweise gebaut wird.
Welche Vergabekriterien künftig gelten, werde die Stadtverwaltung mit dem Gemeinderat grundsätzlich besprechen müssen, sagte Baubürgermeister Dirk Bastin dazu. Bis dahin wird auch der Antrag der Grünen aufgeschoben. In der Verwaltung habe man sich schon erste Gedanken zu dem Thema gemacht, berichtet Kämmerer Gerhard Engle in der Ausschusssitzung. Weil jedes Baugebiet anders sei, müsse erarbeitet werden, welche Struktur zu welchem Gebiet passt – wo besteht die Möglichkeit, größere Gebäude von Baugruppen zu ermöglichen, wo soll es weiterhin das klassische Einfamilienhäuschen sein?
Von einem Punktesystem, auf das die Grünen angespielt hatten, müsse man allerdings Abstand nehmen, so Engele. Ein solches System hatte die Gemeinde Ummendorf im Kreis Biberach angewandt – die entsprechenden Bauplatzvergaberichtlinien wurden jedoch vor Gericht als nicht rechtmäßig eingestuft. Oft werden Bauplätze von Kommunen bevorzugt an Bürger vergeben, die schon in dem Ort leben. „Das Einheimischen-Modell soll in gewisser Form gewahrt bleiben“, sagt auch Engele über die Ravensburger Überlegungen.
Die Vergabekriterien neu auszurichten, stieß auch bei den anderen Fraktionen auf Zustimmung. Man dürfe dabei aber nicht die soziale Komponente vergessen, gab indes August Schuler (CDU) zu bedenken: Wenn man vorschreibt, welche Technologien ein Bauherr verwenden muss, führe das gegebenenfalls zu höheren Kosten. „Das können sich dann nur noch Leute leisten, die diese Technologien bezahlen können“, so Schuler.
Die Grünen forderten im zweiten Teil ihres Antrags die naturnahe Gestaltung von Gärten in Neubaugebieten. Sie wollen damit „Vorgärten im Stil einer Steinwüste und großflächige Gabionenverbauungen“verhindern, wie es im Antrag heißt. Gabionen sind Metallgitter, die mit Steinen gefüllt werden. Die Idee der Grünen: Benachbarte Bauherren sollen dazu animiert werden, ihre Gärten nicht zu trennen, sondern als offenen großen Garten zusammenzufassen und insektenfreundliche Flächen anzulegen. Wer einen Gemeinschaftsgarten schafft, soll dafür von der Stadt einen Baum geschenkt bekommen. „Gerade in den Randbereichen, in welchen sich die 13b-Flächen befinden, sehen wir hier einen großen Nutzen, um auch die Verbindung von Wohnen und Landschaft zu stärken“, erklären die Grünen. Baubürgermeister Dirk Bastin fand die Idee mit dem geschenkten Baum „charmant“und will sie prüfen. Er könne sich vorstellen, Bauherren künftig mit einem Flyer auf diese Möglichkeit hinzuweisen.