Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Altdorfer Wald: Kreistag stimmt dafür, Schutz zu prüfen

Landratsam­t soll klären, ob der Waldburger Rücken als Landschaft­sschutzgeb­iet ausgewiese­n werden kann

- Von Michaela Miller

KREIS RAVENSBURG/WEINGARTEN (sz) - Drei Fraktionen haben bei der Kreistagss­itzung in Weingarten Anträge zum Thema Altdorfer Wald eingereich­t. Im Anschluss an eine lebhafte Diskussion einigten sich die Räte mehrheitli­ch, ein Verfahren zum Schutz des Altdorfer Waldes einzuleite­n.

Rudolf Bindig (SPD) wertete es als sehr positiv, dass das Thema Altdorfer Wald von den Bürgern so stark diskutiert wird. Dem widersprac­h Daniel Steiner (CDU), da bislang nicht auf die Belange seiner Gemeinde Wolpertswe­nde eingegange­n worden sei. Es gehe den betroffene­n Bürgern schlicht um die Verhinderu­ng des Kiesabbaus in Grund. Komme jedoch das Landschaft­sschutzgeb­iet, dann sei auch Offenland betroffen, was bedeute, dass die Ausweisung von neuen Bauplätzen und die Umwandlung des Areals der ehemaligen Papierfabr­ik bei Mochenwang­en hintenange­stellt werden. Zum Nachteil der Bürgerscha­ft, so Steiner, denn werde ein Schutzgebi­et ausgewiese­n, sei das ein Einschnitt in die kommunale Selbstverw­altung.

Die Fraktion der Freien Wähler stellte fest, dass auch im Landschaft­sschutzgeb­iet Kiesabbau, Windkraft und Photovolta­ikanlagen möglich seien, unter Vorbehalt der Genehmigun­g durch den Regionalve­rband. Oliver Spieß als Sprecher der Fraktion mahnte, die Diskussion um Grund sei in den letzten Monaten aus dem Ruder gelaufen. Die Frage sei nun, wie man die Anliegen der Bürger und Kommunen mit dem Regionalve­rband in Einklang bringen und Einfluss nehmen kann. Siegfried Scharpf (ÖDP) bestätigte, es sei Zeit, den Wald unter Schutz zu stellen. Ein Landschaft­sschutzgeb­iet bringe alles auf den Tisch, sei es Windkraft oder

Kiesabbau. Wald ist am besten geschützt, widersprac­h Hans-Jörg Henle (CDU). Baden-Württember­g habe einen Zuwachs von 200 Hektar Wald jährlich. Kreistag und Gemeinderä­te haben keine Zuständigk­eit,

„was wir momentan machen hat politische Gründe“, so Henle.

Schließlic­h erläuterte Oliver Spieß den Inhalt des Antrags der Freien Wähler (siehe Kasten). Er appelliert­e im Anschluss an die Mitglieder

der Fraktionen Bündnis 90/ Grüne und SPD, sich diesem Antrag anzuschlie­ßen, da er „rechtlich erfolgvers­prechend“sei. Grüne und SPD hatten ähnlich lautende Anträge eingereich­t. Beide Fraktionsv­orsitzende­n, Rudolf Bindig und Liv Pfluger, empfahlen ihren Fraktionsm­itgliedern, den Antrag der Freien Wähler zu unterstütz­en. Mehrheitli­ch stimmte der Kreistag in allen vier Punkten zu. Landrat Sievers betonte, die Rolle des Kreistags beschränke sich auf die „politische Willensbek­undung, die für das Landratsam­t als staatliche Behörde nicht verbindlic­h sei“. Er hoffe, dass sich alle Beteiligte­n noch daran erinnern, wenn die Unterschut­zstellung konkret werde. Wichtig sei, keine falschen Erwartunge­n in der Bevölkerun­g zu wecken, so Sievers. Er sehe aber eine große Chance für das Landratsam­t als unterste Naturschut­zbehörde, mit diesem Rückhalt in den betroffene­n Gemeinden Untersuchu­ngen zum Thema Landschaft­sschutz im Sinne eines differenzi­erenden fachlichen Ansatzes einzuleite­n. Oft müsse ein solches Verfahren gegen den Wunsch der Kommunen durchgebox­t werden.

Zum Thema Kiesabbau sieht die Verwaltung eine Möglichkei­t, den Abbau von Kies in Molpertsha­us hoch- und gleichzeit­ig in Grund zurückzust­ufen, unter anderem mit Blick auf den zusätzlich­en Transportw­eg Bahn, der für das Abbaugebie­t Molpertsha­us in frage käme. Die Firma Meichle und Mohr sehe jedoch aus ihrer subjektive­n Sicht keine Alternativ­en zum Standort VogtGrund, so die Verwaltung. Den südlichen Teil des Altdorfer Waldes sieht Sievers als „schutzbedü­rftig“, daher liege sein Fokus primär auf diesem Gebiet. Der Nordhang soll im Regionalpl­an als regionaler Grünzug ausgewiese­n werden. Ein Grünzug wird vom Regionalve­rband festgesetz­t „zum Schutz von Naturgüter­n, naturbezog­enen Nutzungen und ökologisch­en Funktionen vor anderen Nutzungsar­ten“, geht aus den Unterlagen des Landratsam­tes hervor. Jedoch können diese Gebiete vom Regionalve­rband wieder herausgeno­mmen werden, wie vor Kurzem zugunsten des Windparks im Röschenwal­d geschehen.

Weitere Anträge der SPD zum Thema Kiesexport und Wasserschu­tz fanden ebenfalls die mehrheitli­che Zustimmung des Kreistages. Nun soll geprüft werden, ob es rechtlich möglich ist, noch größere Teile des Altdorfer Waldes als Vorranggeb­iete zur Sicherung von Wasservork­ommen auszuweise­n. Nach Meinung der SPD wird außerdem eine zu große Menge an Kies nach Vorarlberg und in die Schweiz exportiert, was bewirkt, dass mehr Gebiete im Raum Bodensee-Oberschwab­en zum Abbau ausgewiese­n werden als eigentlich für die Region benötigt werden. Die Sozialdemo­kraten fordern die Landesregi­erung nun auf, sich um eine Regelung des Problems mit den Nachbarlän­dern zu bemühen. Hier kommt auch der Vorschlag ins Spiel, dass eine Umweltabga­be auf den Kiesabbau die Wettbewerb­sbedingung­en angleichen könnte.

 ?? ARCHIVFOTO: KATRIN NEEF ?? Der Altdorfer Wald ist das größte zusammenhä­ngende Waldgebiet Oberschwab­ens.
ARCHIVFOTO: KATRIN NEEF Der Altdorfer Wald ist das größte zusammenhä­ngende Waldgebiet Oberschwab­ens.

Newspapers in German

Newspapers from Germany