Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Altdorfer Wald: Kreistag stimmt dafür, Schutz zu prüfen
Landratsamt soll klären, ob der Waldburger Rücken als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden kann
KREIS RAVENSBURG/WEINGARTEN (sz) - Drei Fraktionen haben bei der Kreistagssitzung in Weingarten Anträge zum Thema Altdorfer Wald eingereicht. Im Anschluss an eine lebhafte Diskussion einigten sich die Räte mehrheitlich, ein Verfahren zum Schutz des Altdorfer Waldes einzuleiten.
Rudolf Bindig (SPD) wertete es als sehr positiv, dass das Thema Altdorfer Wald von den Bürgern so stark diskutiert wird. Dem widersprach Daniel Steiner (CDU), da bislang nicht auf die Belange seiner Gemeinde Wolpertswende eingegangen worden sei. Es gehe den betroffenen Bürgern schlicht um die Verhinderung des Kiesabbaus in Grund. Komme jedoch das Landschaftsschutzgebiet, dann sei auch Offenland betroffen, was bedeute, dass die Ausweisung von neuen Bauplätzen und die Umwandlung des Areals der ehemaligen Papierfabrik bei Mochenwangen hintenangestellt werden. Zum Nachteil der Bürgerschaft, so Steiner, denn werde ein Schutzgebiet ausgewiesen, sei das ein Einschnitt in die kommunale Selbstverwaltung.
Die Fraktion der Freien Wähler stellte fest, dass auch im Landschaftsschutzgebiet Kiesabbau, Windkraft und Photovoltaikanlagen möglich seien, unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Regionalverband. Oliver Spieß als Sprecher der Fraktion mahnte, die Diskussion um Grund sei in den letzten Monaten aus dem Ruder gelaufen. Die Frage sei nun, wie man die Anliegen der Bürger und Kommunen mit dem Regionalverband in Einklang bringen und Einfluss nehmen kann. Siegfried Scharpf (ÖDP) bestätigte, es sei Zeit, den Wald unter Schutz zu stellen. Ein Landschaftsschutzgebiet bringe alles auf den Tisch, sei es Windkraft oder
Kiesabbau. Wald ist am besten geschützt, widersprach Hans-Jörg Henle (CDU). Baden-Württemberg habe einen Zuwachs von 200 Hektar Wald jährlich. Kreistag und Gemeinderäte haben keine Zuständigkeit,
„was wir momentan machen hat politische Gründe“, so Henle.
Schließlich erläuterte Oliver Spieß den Inhalt des Antrags der Freien Wähler (siehe Kasten). Er appellierte im Anschluss an die Mitglieder
der Fraktionen Bündnis 90/ Grüne und SPD, sich diesem Antrag anzuschließen, da er „rechtlich erfolgversprechend“sei. Grüne und SPD hatten ähnlich lautende Anträge eingereicht. Beide Fraktionsvorsitzenden, Rudolf Bindig und Liv Pfluger, empfahlen ihren Fraktionsmitgliedern, den Antrag der Freien Wähler zu unterstützen. Mehrheitlich stimmte der Kreistag in allen vier Punkten zu. Landrat Sievers betonte, die Rolle des Kreistags beschränke sich auf die „politische Willensbekundung, die für das Landratsamt als staatliche Behörde nicht verbindlich sei“. Er hoffe, dass sich alle Beteiligten noch daran erinnern, wenn die Unterschutzstellung konkret werde. Wichtig sei, keine falschen Erwartungen in der Bevölkerung zu wecken, so Sievers. Er sehe aber eine große Chance für das Landratsamt als unterste Naturschutzbehörde, mit diesem Rückhalt in den betroffenen Gemeinden Untersuchungen zum Thema Landschaftsschutz im Sinne eines differenzierenden fachlichen Ansatzes einzuleiten. Oft müsse ein solches Verfahren gegen den Wunsch der Kommunen durchgeboxt werden.
Zum Thema Kiesabbau sieht die Verwaltung eine Möglichkeit, den Abbau von Kies in Molpertshaus hoch- und gleichzeitig in Grund zurückzustufen, unter anderem mit Blick auf den zusätzlichen Transportweg Bahn, der für das Abbaugebiet Molpertshaus in frage käme. Die Firma Meichle und Mohr sehe jedoch aus ihrer subjektiven Sicht keine Alternativen zum Standort VogtGrund, so die Verwaltung. Den südlichen Teil des Altdorfer Waldes sieht Sievers als „schutzbedürftig“, daher liege sein Fokus primär auf diesem Gebiet. Der Nordhang soll im Regionalplan als regionaler Grünzug ausgewiesen werden. Ein Grünzug wird vom Regionalverband festgesetzt „zum Schutz von Naturgütern, naturbezogenen Nutzungen und ökologischen Funktionen vor anderen Nutzungsarten“, geht aus den Unterlagen des Landratsamtes hervor. Jedoch können diese Gebiete vom Regionalverband wieder herausgenommen werden, wie vor Kurzem zugunsten des Windparks im Röschenwald geschehen.
Weitere Anträge der SPD zum Thema Kiesexport und Wasserschutz fanden ebenfalls die mehrheitliche Zustimmung des Kreistages. Nun soll geprüft werden, ob es rechtlich möglich ist, noch größere Teile des Altdorfer Waldes als Vorranggebiete zur Sicherung von Wasservorkommen auszuweisen. Nach Meinung der SPD wird außerdem eine zu große Menge an Kies nach Vorarlberg und in die Schweiz exportiert, was bewirkt, dass mehr Gebiete im Raum Bodensee-Oberschwaben zum Abbau ausgewiesen werden als eigentlich für die Region benötigt werden. Die Sozialdemokraten fordern die Landesregierung nun auf, sich um eine Regelung des Problems mit den Nachbarländern zu bemühen. Hier kommt auch der Vorschlag ins Spiel, dass eine Umweltabgabe auf den Kiesabbau die Wettbewerbsbedingungen angleichen könnte.