Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wild, Wald und Waldi
Herbst und Corona locken in die Natur - Doch gerade jetzt sind die Tiere dort sehr sensibel
OBERALLGÄU - Ob Sonnenstrahlen auf tau-benetztem Herbstlaub oder Nebelschwaden zwischen Kuppen hügeliger Nadelwälder: Im Forst lässt sich der Oktober besonders schön genießen. Dass die Corona-Einschränkungen nun wieder strenger werden, könnte zusätzlich Menschen dazu bringen, sich in ihrer Freizeit in der Natur zu bewegen. Waldbesitzer und Jäger heißen sie dort willkommen – bitten aber darum, ein paar Regeln einzuhalten.
Wie erwartet, hat auch bisher Corona mehr Menschen als sonst in die Natur gelockt. „Das ist deutlich aufgefallen: Im Wald waren mehr Menschen unterwegs“, sagt Jürgen Prestel vom Vorstand des Kreisjagdverbandes Kempten. Bislang seien es auch nicht wieder weniger geworden: „Die Menschen haben ihre nähere Umgebung besser kennen- und schätzen gelernt und nutzen sie mehr als bisher.“Insgesamt zieht Prestel ein positives Fazit zum Corona-Sommer im Wald: „Die große, große Mehrheit verhält sich rücksichtsvoll.“Trotzdem komme es vor, dass Hochsitze beschädigt werden und Menschen ins sensible Dickicht eindringen. Nichtsdestotrotz freue sich der Jäger, wenn Menschen den Wald zur Naherholung nutzen. Denn: „Man schützt nur, was man kennt.“
Dabei ist es gerade im Herbst wichtig, sich im Wald rücksichtsvoll zu bewegen, sagt Philipp Götzfried, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Kempten Land und Stadt. In dieser Zeit komme das Wild zur Ruhe und stelle sich auf den Winter ein. Ab jetzt sollte es möglichst wenig aufgeschreckt werden: Jede Flucht kostet Energie, die im Winter fehlt. Denn schon jetzt nehme die Vegetation ab, Nahrung finden die Tiere irgendwann nur noch in den Knospen junger Bäume. Die sind allerdings wichtig für den Umbau des Waldes: Eine größere Vielfalt soll den Forst fit machen für den
Klimawandel.
Sich richtig zu verhalten, ist laut Prestel „ganz einfach“. Man solle die breiten Wege nicht verlassen und auch Waldpfade meiden. Zudem gehöre „die Dämmerung und die Nacht im Wald dem Wild“.
Hunde sollten stets an der Leine geführt werden, sagt Prestel und erklärt: „Das gilt auch für solche, die nicht jagen. Das Wild kann das nicht unterscheiden.“Ebenfalls keinen Unterschied mache das Wild zwischen Spaziergängern und Hunden. Deshalb sei es durchaus in Ordnung, wenn sich Hunde in einem Radius von 20 bis 30 Metern um sein Herrchen oder Frauchen an einer Leine bewegen. Allerdings sollten weder Hund noch Mensch ins Dickicht – es dient dem Wild als Versteck. Das gilt laut Götzfried auch für Pilzsammler, deren Saison allerdings bereits wieder ihr Ende findet. Stattdessen solle man lieber in „altem Wald“suchen, in dem man zwischen den Bäumen freie Sicht hat. Laut Prestel gehen „Pilzkenner“ohnehin gezielt zu ihnen bekannten Plätzen, statt den Wald kreuz und quer zu durchkämmen.
Auch sollten Spaziergänger in den kommenden Wochen und Monaten vermehrt auf Sperrungen und Motorsägengeräusche achten: Mit dem Bodenfrost komme die Hauptsaison für Baumfällarbeiten. Denn mit dem harten Boden sinke das Risiko, mit Maschinen das Erdreich zu beschädigen, sagt Götzfried. Zudem sei zu dieser Zeit geschlagenes Holz von höherer Qualität als im Sommer. Geraten Spaziergänger in einen Bereich, in dem Bäume gefällt werden, könne das für sie Lebensgefahr bedeuten.
Hält man sich an diese Anregungen, steht laut Götzfried „einem erholsamen Waldbaden nichts im Wege“. Denn trotz all der anderen, wirtschaftlichen Interessen, die es am Wald gibt: „Man kann sich dort sehr gut erholen und runterkommen.“