Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Was das Allgäu von Wuppertal lernen kann

Kemptener Busunterne­hmer hat sich mit Vertretern des Abfallverb­andes und des Allgäuer Überlandwe­rkes die Wasserstof­fstrategie der NRW-Metropole angesehen

- Von Felix Futschik

KEMPTEN/WUPPERTAL - „Ich habe so viel Input bekommen, wie in keiner meiner Recherchen zuvor“, sagt der Kemptener Busunterne­hmer Helmut Berchtold. Begeistert berichtet er von einem Besuch in Wuppertal. Denn in der Stadt südlich des Ruhrgebiet­s fahren seit Juni zehn mit Wasserstof­f angetriebe­ne Busse im öffentlich­en Personen-Nahverkehr (ÖPNV). Ein Wunsch, der auch im Allgäu seit vielen Jahren diskutiert wird – und jetzt immer konkreter wird (siehe Infokasten) . Das wurde während der jüngsten Sitzung des Zweckverba­nds für Abfallwirt­schaft

Kempten (ZAK) deutlich.

Um sich ein Bild von der Technik im praktische­n Einsatz zu machen, sind Berchtold, Vertreter des ZAK und des Allgäuer Überlandwe­rkes (AÜW) nach Wuppertal gefahren. „Das war keine Verkaufsve­ranstaltun­g, sondern ein total sachlicher Einblick“, sagt Berchtold, der auch für die CSU im Stadtrat sitzt. Für den Busunterne­hmer stelle sich nicht mehr die Frage, „ob“man auf diesen Technologi­e-Bereich setzt. „Dafür gibt es klare Vorgaben der Europäisch­en Union“, sagt der Unternehme­r und verweist auf eine EU-Richtlinie. Diese besagt, dass es bis 2025 45 Prozent alternativ­e Antriebe im ÖPNV geben müsse. Kemptens Oberbürger­meister Thomas Kiechle, der auch stellvertr­etender Verbandsvo­rsitzender beim ZAK ist, spricht deshalb von einem Druck, der jetzt genutzt werden müsse: „2025 ist schneller da, als wir uns das denken.“

Wuppertal sei gut mit Kempten zu vergleiche­n, berichtet Berchtold. „Dort gibt es auch Straßen, die einen Anstieg haben. Ähnlich wie bei einer Busfahrt von der ZUM nach Thingers.“Tests mit Elektrobus­sen hätten in der 350 000 Einwohner-Stadt gezeigt, dass die gewünschte Reichweite nicht erreicht werden könne. Das bestätigt Holger Stephan, Pressespre­cher der Wuppertale­r

Stadtwerke: „Die Reichweite von 80 bis 90 Kilometern ist nicht ausreichen­d gewesen. Wir benötigen rund 200 bis 300 Kilometer.“Also haben sich die Verantwort­lichen Gedanken zum Thema Wasserstof­f gemacht: Durch das städtische Müllheizkr­aftwerk könne günstig und unkomplizi­ert der Strom erzeugt werden, der für die Herstellun­g von H 2benötigt wird. Auch stimmten sich die Verkehrsbe­triebe eng mit dem Energieerz­euger ab. Die Wuppertale­r waren vom Wasserstof­f als alternativ­em Treibstoff überzeugt. Die Reaktionen der Fahrgäste seien positiv, auch weil die Wasserstof­f-Busse leiser seien als die Dieselfahr­zeuge. „Deshalb haben die

Busse auch eine Bimmel, damit die Leute an der Haltestell­e das Fahrzeug hören“, sagt Stephan.

In Wuppertal ist die Anlage zur Herstellun­g von Wasserstof­f am Müll- und Holzheizkr­aftwerk installier­t. Das wäre auch am Werk des ZAK in Kempten möglich – inklusive Tankstelle­n für Busse, Lastwagen und H 2-Tanklaster. Zu diesem Ergebnis ist eine im Dezember in Auftrag gegebene Machbarkei­tsstudie gekommen, die im Sommer vorgestell­t wurde.

Berchtold ist mit Blick auf Nachhaltig­keit wichtig, dass der Strom, der für die Herstellun­g von Wasserstof­f benötigt wird, aus erneuerbar­en Energien kommt: „Das Projekt muss bis zum Ende gedacht werden.“Entspreche­nde Fahrzeuge für diese Antriebste­chnik herzubekom­men, ist laut dem Busunterne­hmer kein Problem. Es gebe zwar auf dem deutschen Markt kaum Hersteller, die Busse in Wuppertal kämen aus Belgien. Berchtold werde demnächst mit Kollegen erneut nach Wuppertal aufbrechen. Sie wollen sich noch tiefer mit dem Thema beschäftig­en und etwa Einblicke in die Wartung der Fahrzeuge bekommen. „Ich glaube, wir sind auf dem Weg“, sagt er. Die Verantwort­lichen in Wuppertal sind da bereits ein Stück weiter – die nächsten zehn Wasserstof­f-Busse seien bereits bestellt.

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