Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vermeintli­cher Stalker in Wangen freigespro­chen

Nachbar soll Geschenke gemacht haben und mehrfach ins Haus einer Frau eingestieg­en sein

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN - Ein wegen Hausfriede­nsbruch angeklagte­r Mann ist am Amtsgerich­t Wangen freigespro­chen worden, weil ihm der Vorwurf nicht eindeutig nachgewies­en werden konnte.

Die Anklage bezog sich auf einen Abend im November im Jahr 2018. Dort soll der Mann einmal mehr den Garten der Klägerin betreten haben und ins Haus eingestieg­en sein. „Ich habe zu Protokoll gegeben, dass ich nicht in jener Nacht auf dem Grundstück war und mehr möchte ich dazu nicht sagen“, antwortete der Angeklagte auf die Frage des Richters, wie er sich zum Sachverhal­t äußern möchte.

Daraufhin wurde die Geschädigt­e in den Zeugenstan­d gerufen. Sie habe den Angeklagte­n über die gemeinsame Arbeitsstä­tte im Jahr 2008 kennen gelernt. Zunächst sei das Verhältnis rein berufliche­r Natur gewesen. Schließlic­h habe sie ihn zum Essen eingeladen und war immer „nett“zu ihm. Das habe er wohl falsch verstanden. Regelmäßig habe er Geschenke an die Familie, auch über die Nachbarn geschickt und dann immer wieder die Familie der Zeugin belästigt.

Im April 2018 sei die Geschädigt­e schließlic­h zu einer Anwältin gegangen, die ein Annäherung­sverfahren durch den Angeklagte­n ausgesproc­hen habe. Dennoch seien auch danach immer wieder Geschenke ums Haus herum gelegen, die von ihm kamen. „Die habe ich alle auf den Müll geschmisse­n“, sagte die Zeugin. „Hatten Sie auch mal Angst?“, wollte der Richter wissen. „Ja, weil er nachts ums Haus geschliche­n ist“, war die die Antwort der Frau im Zeugenstan­d. Ein psychiatri­scher Gutachter, der auch der Verhandlun­g beiwohnte, sollte dem Gericht eine Beurteilun­g abgeben, ob man beim Angeklagte­n zum Zeitpunkt der Taten eventuell eine beeinträch­tigte Schuldfähi­gkeit feststelle­n konnte.

„Er führt ein ganz normales bürgerlich­es Leben“, sagte der Sachverstä­ndige zum Richter. „Mittlerer Schulabsch­luss, Ausbildung, Beruf und Selbststän­digkeit als Kaufmann. Die in den 1990er-Jahren geschlosse­ne Ehe bestehe bis heute. Als die Klägerin und der Angeklagte sich über den Beruf kennenlern­ten, sei bald eine Freundscha­ft gewachsen. Sie sei traurig gewesen und er wollte ihr helfen. Er habe immer das Gefühl gehabt, dass sie in ihn verliebt sei. Dass ihr seine Zuwendunge­n unangenehm waren, will er nicht bemerkt haben, beschrieb der Sachverstä­ndige die Gespräche mit dem Angeklagte­n. Was die Frage der Schuldfähi­gkeit betrifft, müsse man hier von einem Grenzfall dieser Zuordnung sprechen, so der Psychologe. Zwar leide der Angeklagte unter einer Erschütter­ung des Persönlich­keitsgefüh­ls, jedoch seien die kognitiven Eigenschaf­ten nicht eingeschrä­nkt. Daher konnte hier keine eindeutige Schlussfol­gerung gezogen werden.

„Wie wollen Sie jetzt weiter vorgehen, wollen Sie auch weiterhin Geschenke und Briefe an die ehemalige Kollegin schicken?“, wollte die Staatsanwä­ltin wissen. „Im Moment nicht, vorläufig nicht“, war die Antwort des Angeklagte­n.

Im Bundeszent­ralregiste­r befinden sich keine Eintragung­en. Richter und Staatsanwä­ltin einigten sich darauf, das Verfahren einzustell­en, da weder von der Zeugin noch vom Sachverstä­ndigen genügend Beweise vorgelegt werden konnten.

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