Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Vermeintlicher Stalker in Wangen freigesprochen
Nachbar soll Geschenke gemacht haben und mehrfach ins Haus einer Frau eingestiegen sein
WANGEN - Ein wegen Hausfriedensbruch angeklagter Mann ist am Amtsgericht Wangen freigesprochen worden, weil ihm der Vorwurf nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte.
Die Anklage bezog sich auf einen Abend im November im Jahr 2018. Dort soll der Mann einmal mehr den Garten der Klägerin betreten haben und ins Haus eingestiegen sein. „Ich habe zu Protokoll gegeben, dass ich nicht in jener Nacht auf dem Grundstück war und mehr möchte ich dazu nicht sagen“, antwortete der Angeklagte auf die Frage des Richters, wie er sich zum Sachverhalt äußern möchte.
Daraufhin wurde die Geschädigte in den Zeugenstand gerufen. Sie habe den Angeklagten über die gemeinsame Arbeitsstätte im Jahr 2008 kennen gelernt. Zunächst sei das Verhältnis rein beruflicher Natur gewesen. Schließlich habe sie ihn zum Essen eingeladen und war immer „nett“zu ihm. Das habe er wohl falsch verstanden. Regelmäßig habe er Geschenke an die Familie, auch über die Nachbarn geschickt und dann immer wieder die Familie der Zeugin belästigt.
Im April 2018 sei die Geschädigte schließlich zu einer Anwältin gegangen, die ein Annäherungsverfahren durch den Angeklagten ausgesprochen habe. Dennoch seien auch danach immer wieder Geschenke ums Haus herum gelegen, die von ihm kamen. „Die habe ich alle auf den Müll geschmissen“, sagte die Zeugin. „Hatten Sie auch mal Angst?“, wollte der Richter wissen. „Ja, weil er nachts ums Haus geschlichen ist“, war die die Antwort der Frau im Zeugenstand. Ein psychiatrischer Gutachter, der auch der Verhandlung beiwohnte, sollte dem Gericht eine Beurteilung abgeben, ob man beim Angeklagten zum Zeitpunkt der Taten eventuell eine beeinträchtigte Schuldfähigkeit feststellen konnte.
„Er führt ein ganz normales bürgerliches Leben“, sagte der Sachverständige zum Richter. „Mittlerer Schulabschluss, Ausbildung, Beruf und Selbstständigkeit als Kaufmann. Die in den 1990er-Jahren geschlossene Ehe bestehe bis heute. Als die Klägerin und der Angeklagte sich über den Beruf kennenlernten, sei bald eine Freundschaft gewachsen. Sie sei traurig gewesen und er wollte ihr helfen. Er habe immer das Gefühl gehabt, dass sie in ihn verliebt sei. Dass ihr seine Zuwendungen unangenehm waren, will er nicht bemerkt haben, beschrieb der Sachverständige die Gespräche mit dem Angeklagten. Was die Frage der Schuldfähigkeit betrifft, müsse man hier von einem Grenzfall dieser Zuordnung sprechen, so der Psychologe. Zwar leide der Angeklagte unter einer Erschütterung des Persönlichkeitsgefühls, jedoch seien die kognitiven Eigenschaften nicht eingeschränkt. Daher konnte hier keine eindeutige Schlussfolgerung gezogen werden.
„Wie wollen Sie jetzt weiter vorgehen, wollen Sie auch weiterhin Geschenke und Briefe an die ehemalige Kollegin schicken?“, wollte die Staatsanwältin wissen. „Im Moment nicht, vorläufig nicht“, war die Antwort des Angeklagten.
Im Bundeszentralregister befinden sich keine Eintragungen. Richter und Staatsanwältin einigten sich darauf, das Verfahren einzustellen, da weder von der Zeugin noch vom Sachverständigen genügend Beweise vorgelegt werden konnten.