Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Mutter kann fast noch alles“
Margarete Olbert feiert gesund ihren 90. Geburtstag
ISNY - Auf dem Tisch der Jubilarin reiht sich Blumenstrauß an Blumenstrauß. Eine Nachbarin kommt herein und stellt den ihren auch noch dazu: „Alles Gute, und bleib wie Du bisch!“Das Gratulationsschreiben von Bischof Gebhard Fürst lehnt auch an einem Strauß. „Liebe Frau Olbert, mögen Sie die Treue Gottes stets erfahren dürfen. Von Herzen erbitte ich den Segen Gottes für Sie, Ihre Angehörigen und alle Menschen, die Ihnen am Herzen liegen und denen Sie verbunden sind.“
Margarete Olbert ist fast sprachlos ob der Glückwünsche und Blumen. Auch Peter Clement schließt sich an: mit dem Gruß des Bürgermeisters, der Urkunde des Ministerpräsidenten, einem Glas Honig, den die Stadtmauerbienen im Kurpark zusammengetragen haben, und mit Blumen. Die Töchter servieren Kaffee und Butterhörnchen – dann wird’s gemütlich.
Wer auf die 90 Lebensjahre von Margarete Olbert zurückblickt, dem zeigt sich aber auch eine andere Lebensrealität. Als „Volksdeutsche“in Polen am 23. Oktober 1930 geboren, verlor sie die Mutter schon als Vierjährige und wurde von den Geschwistern
und dem Vater in einer kleinen Landwirtschaft großgezogen.
Bis 1948 wurden rund 46 Millionen Menschen in Europa zwangsweise umgesiedelt oder für immer vertrieben. Margarete gehörte mit Vater und Geschwistern dazu. Über Jahre folgten fast nicht zählbare Stationen voller Entbehrungen, ohne Privatsphäre in Notunterkünften, in Kasernen, Hallen, Schulen, Klöstern – bis die Familie in Oberösterreich vorübergehend Heimat und Arbeit ums tägliche Brot bei Bauern fand.
Als deutsche Staatsbürger mussten sie nach wenigen Jahren weiter: Passau, Hechingen, Weingarten, Eisenharz. 1958 heiratete Margarete Drechsler ihren Bräutigam Willibald Olbert. Beide fanden Arbeit bei der Firma Gardinia, zogen drei Kinder auf und erwarben 1967 ein kleines Reihenhaus in Isny.
„Die Lebensfreude hat unsere Mutter nie verloren“, sind die Kinder überzeugt, „Seniorengymnastik, Katholischer Frauenbund, ihr Garten, ihre Kinder und die Enkel, ein paar Ausflüge mit dem Bus, das war die vergangenen 25 Jahre ihr Lebensradius.“Die Mutter könne noch fast alles, auch im hohen Alter. Die Töchter schauen täglich vorbei.