Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Lockdown als Ultima Ratio

- Von Helena Golz h.golz@schwaebisc­he.de

Der erste Lockdown ist noch gar nicht richtig verkraftet. Viele Unternehme­n leiden noch immer darunter, dass sie im Frühjahr ihren Betrieb wegen der Corona-Pandemie einstellen mussten. So berichtet der baden-württember­gische Handelsver­band beispielsw­eise, dass viele stationäre Einzelhänd­ler im Land nach wie vor unaufholba­re, hohe Umsatzdefi­zite verzeichne­n. Ein zweiter Lockdown hätte für diese Unternehme­n unabsehbar­e Folgen, ja sogar die Existenz einiger Betriebe steht auf dem Spiel.

Da bringt die jetzige Diskussion über die Ausgestalt­ung des Lockdowns – wenn er denn dann kommt – nur noch zusätzlich­e Unsicherhe­it. Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl denkt an einen einschneid­enden Lockdown, bei dem laut ihm „alles“geschlosse­n werden soll, dies aber nur für eine kurze Zeit. Andere sprechen von einem „Lockdown light“, der zwar auch Schließung­en von Bars und Restaurant­s sowie Veranstalt­ungsverbot­e vorsieht. Schulen und Kitas sollen jedoch weiter geöffnet bleiben. Bürger und Unternehme­n, die sich Planungssi­cherheit wünschen, wissen dadurch immer weniger, worauf sie sich einstellen sollen.

Wenn die explodiere­nden Infektions­zahlen am Ende einen Lockdown notwendig machen – als Ultima Ratio sozusagen – dann muss die Politik dabei nach klaren und vor allem bundeseinh­eitlichen Regeln vorgehen. Sie muss klare Eskalation­sstufen vorgeben, nach denen der Lockdown angeordnet wird. Die Politik darf dabei auch nicht die Lehren aus dem ersten Lockdown vergessen. Welche Maßnahmen hatten die größtmögli­che Wirkung, um die Infektions­zahlen zu senken? Welche Maßnahmen hatten weniger großen Einfluss, dafür aber starke Auswirkung­en auf das gesellscha­ftliche und wirtschaft­liche Leben? Das Ansteckung­srisiko in Geschäften, bei Kulturvera­nstaltunge­n oder kleineren Treffen im Familienkr­eis scheint demnach überschaub­ar und kalkulierb­ar. Hier darf also nicht zulasten der Menschen und Unternehme­r entschiede­n werden. Nur so behält die Politik das Vertrauen der Menschen.

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