Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Lockdown als Ultima Ratio
Der erste Lockdown ist noch gar nicht richtig verkraftet. Viele Unternehmen leiden noch immer darunter, dass sie im Frühjahr ihren Betrieb wegen der Corona-Pandemie einstellen mussten. So berichtet der baden-württembergische Handelsverband beispielsweise, dass viele stationäre Einzelhändler im Land nach wie vor unaufholbare, hohe Umsatzdefizite verzeichnen. Ein zweiter Lockdown hätte für diese Unternehmen unabsehbare Folgen, ja sogar die Existenz einiger Betriebe steht auf dem Spiel.
Da bringt die jetzige Diskussion über die Ausgestaltung des Lockdowns – wenn er denn dann kommt – nur noch zusätzliche Unsicherheit. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl denkt an einen einschneidenden Lockdown, bei dem laut ihm „alles“geschlossen werden soll, dies aber nur für eine kurze Zeit. Andere sprechen von einem „Lockdown light“, der zwar auch Schließungen von Bars und Restaurants sowie Veranstaltungsverbote vorsieht. Schulen und Kitas sollen jedoch weiter geöffnet bleiben. Bürger und Unternehmen, die sich Planungssicherheit wünschen, wissen dadurch immer weniger, worauf sie sich einstellen sollen.
Wenn die explodierenden Infektionszahlen am Ende einen Lockdown notwendig machen – als Ultima Ratio sozusagen – dann muss die Politik dabei nach klaren und vor allem bundeseinheitlichen Regeln vorgehen. Sie muss klare Eskalationsstufen vorgeben, nach denen der Lockdown angeordnet wird. Die Politik darf dabei auch nicht die Lehren aus dem ersten Lockdown vergessen. Welche Maßnahmen hatten die größtmögliche Wirkung, um die Infektionszahlen zu senken? Welche Maßnahmen hatten weniger großen Einfluss, dafür aber starke Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben? Das Ansteckungsrisiko in Geschäften, bei Kulturveranstaltungen oder kleineren Treffen im Familienkreis scheint demnach überschaubar und kalkulierbar. Hier darf also nicht zulasten der Menschen und Unternehmer entschieden werden. Nur so behält die Politik das Vertrauen der Menschen.