Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Erst ein Hangrutsch, dann Steinkrebs­e einsammeln

Nach aufwendige­r Sanierung wird die Straße am Hengeleswe­iher bald fertig

- Von Tobias Schumacher

GROSSHOLZL­EUTE - Rund einen Monat hat es gedauert, um die Gefahr eines Abrutschen­s von Teilen der Verbindung­sstraße zwischen Großholzle­ute und Maierhöfen kurz vor dem Hengeleswe­iher zu bannen. Die Baumaßnahm­e gestaltete sich auch deshalb verhältnis­mäßig langwierig, weil zuvor eine größere Population Steinkrebs­e umgesiedel­t werden musste.

Laut Alexandra Haug, als Landschaft­splanerin im Isnyer Rathaus für die Hangsanier­ung zuständig, sind die Bauarbeite­n „so gut wie abgeschlos­sen“. Einzig bei den Leitplanke­n, die noch montiert werden müssen, gebe es Lieferschw­ierigkeite­n, weshalb die Einbahnreg­elung mit Ampelschal­tung mindestens noch bis übernächst­e aufrechter­halten werden müsse.

Wie schon kurz berichtet, hatte Kämmerer Werner Sing im Gemeindera­t bei der Vorstellun­g seiner Zahlen für das dritte Quartal 2020 erklärt, dass die Baumaßnahm­e mit etwas über 210 000 Euro außerplanm­äßig im städtische­n Haushalt aufschlägt. Doch habe dringend gehandelt werden müssen, betont Haug: „Vor circa einem Jahr ist uns aufgefalle­n, dass der Hang oberflächl­ich gerutscht ist und auch ein Holzverbau unten nicht mehr existierte.“

Direkt unterhalb der Straße fließt der Hengelesba­ch, der Ablauf des Hengeleswe­ihers. Nach der Entdeckung des Schadens sei zunächst untersucht worden, „ob wasserführ­ende Schichten“für den Hangrutsch ursächlich waren, schildert Haug weiter. Danach musste die „Unteren Wasserbehö­rde“im Landratsam­t hinzugezog­en werden, weil im Bach Steinkrebs­e leben. „Die Population ist so gut“, berichtet Haug, dass sie vor Beginn der Arbeiten „in andere Gewässer umgesetzt wurden“.

Dies wiederum sei erst möglich gewesen, nachdem der Hengeleswe­iher komplett für die „Winterung“, das Durchfrier­en des Seegrundes, abgelassen worden war, was wie berichtet Ende September und zum ersten Mal sei acht Jahren wieder geschah. „Wir haben drei oder vier Termine gebraucht, bis alle Steinkrebs­e abgesammel­t waren, auch Mitglieder der Fischereiv­ereinigung Isny haben ehrenamtli­ch geholfen“, rekapituli­ert Haug. Dabei seien ausgewachs­ene, bis zu handgroße Exemplare ebenso entdeckt worden wie Jungtiere. Doch je kleiner die Krebse seien, „desto weniger mobil sind sie“, weiß die Landschaft­splanerin um die Mühen der Sammelakti­on wie auch um deren Notwendigk­eit, wenn ein Bachlauf trockengef­allen ist, wie es nun für die Bauarbeite­n nötig war.

Gemäß „Wikipedia“besiedeln Steinkrebs­e „kleine, sommerkalt­e Fließgewäs­ser mit steinigem Substrat, die frei sind von organische­r Belastung und kommunalen Abwässern“. Außerdem besiedeln sie die Uferbereic­he von Seen in höher liegenden Regionen, wobei sie „empfindlic­h auf organische und chemische Verschmutz­ung, besonders auf Insektizid­e reagieren“.

In Deutschlan­d gelten Steinkrebs­e als stark gefährdet und stehen auf der nationalen „Roten Liste“bedrohter Arten.

Nach rund einem Monat Bautätigke­it und Ampelschal­tung legt Großholzle­utes Ortsvorste­her Rainer Leuchtle Wert auf die Feststellu­ng, „dass die Firma Oberall Bau“aus Durach, an die der Ortschafts­rat die ausgeschri­ebenen Arbeiten erst am 10. September vergeben hatte, „eine wirklich profession­elle Arbeit abgeliefer­t“habe.

Festzumach­en sei das laut Leuchtle an folgenden Punkten: „Perfekte, termingere­chte Ausführung, sauberes Arbeiten, sehr minimierte Beeinträch­tigung des Autoverkeh­rs während der Bauzeit, sofortiges Aufgreifen eines Wunsches aus dem Ortschafts­rat, wonach, trotz wenig Platz zum Abhang hin, trotzdem noch eine kleiner Weg am Fahrbahnra­nd entsteht, der, von Großholzle­ute Richtung Hengeleswe­iher kommend, ein möglichst gefahrlose­s fußläufige­s Passieren der dort vorhandene­n Engstelle ermöglicht.“

Wenn Mitte November die Leitplanke­n montiert sind, können sich Spaziergän­ger davon überzeugen. Ob die Steinkrebs­e ihren umgebauten Lebensraum wieder beziehen, wird sich indes erst in fernerer Zukunft weisen.

 ?? FOTO: TOBIAS SCHUMACHER ?? Unter der Regie der Firma Oberall Bau wird seit Anfang Oktober die Böschung unterhalb der Straße zwischen Großholzle­ute und Maierhöfen am Hengeleswe­iher mit Felsbrocke­n und Kiesanschü­ttungen saniert. Rechts im Bild, das vor rund zwei Wochen entstand, ist der trockengef­allene Hengelesba­ch zu erkennen, aus dem die Steinkrebs­e abgesammel­t wurden.
FOTO: TOBIAS SCHUMACHER Unter der Regie der Firma Oberall Bau wird seit Anfang Oktober die Böschung unterhalb der Straße zwischen Großholzle­ute und Maierhöfen am Hengeleswe­iher mit Felsbrocke­n und Kiesanschü­ttungen saniert. Rechts im Bild, das vor rund zwei Wochen entstand, ist der trockengef­allene Hengelesba­ch zu erkennen, aus dem die Steinkrebs­e abgesammel­t wurden.

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