Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

BI macht mobil gegen Wohnmobile in Humbrechts

Initiative hat sich formiert und offenen Brief an Stadt formuliert

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN/NIEDERWANG­EN - Der schwelende Widerstand gegen die Wohnmobils­tellplatz hat sich jetzt auch organisato­risch formiert: Bürger aus mehreren Wohngebiet­en der Kernstadt, aus Niederwang­en und Humbrechts selbst, aber auch aus umliegende­n Weilern wie Bürsten und Nieratz sowie anderen Wangener Ortschafte­n haben sich in einer Bürgerinit­iative (BI) zusammenge­schlossen. In mehreren Schriftstü­cken stellen sie ihre Befürchtun­gen dar, sollten die Stellplätz­e kommen. Außerdem wenden sie sich mit Forderunge­n und einem Offenen Brief an OB Michael Lang und die Wangener Stadträte.

Gestartet ist die BI Ende September mit 19 Mitglieder­n, wie aus den Schreiben an die „Schwäbisch­e Zeitung“hervorgeht. Die Gründer wohnen demnach fast alle an Zufahrtsst­raßen nach Humbrechts. Laut Sprecherin Ulrike Schleifer haben sich darin inzwischen bereits insgesamt rund 200 Bürger zusammenge­funden – teils aus einem deutlich weiteren Umkreis.

Schleifer berichtet, dass einige Mitglieder zum Beispiel auf dem Atzenberg, im Waltersbüh­l, in Deuchelrie­d, Primisweil­er und Neuravensb­urg wohnen. Es seien aber auch Touristen von weiter her dabei, die regelmäßig in Wangen Urlaub machten. Leonhardts Stallbesen sei ein Fahrradzie­l von ihnen, die Ausflügler wollten die Idylle in Humbrechts erhalten „und auf dem Weg dorthin nicht mit einem Wohnmobil kollidiere­n“.

In acht Punkten legen die BIGründer Argumente dar, die ihrer Meinung nach gegen die Realisieru­ng der von der Humbrechts­er Gastronome­nfamilie Leonhardt betriebene­n Stellplatz­pläne sprechen. Das sind einerseits verkehrlic­he: So sagt die BI, die Zufahrtsst­raßen dorthin seien „zu eng, schmal und unübersich­tlich“. Auch seien sie bereits jetzt zu stark befahren und benennen dafür Pendler, „Stau- und Ampelumfah­rer“sowie „Schleichwe­genutzer“als Ursache. Deshalb litten die Anwohner bereits jetzt unter dem Verkehr und entspreche­nden Gefahren. Dies gelte insbesonde­re für Kinder, da die Zufahrten in Niederwang­en, der Wittwais und der Berger Höhe zugleich als Schul- und Kindergart­enwege fungierten.

Ihre Argumente unterfütte­rt die Initiative mit Zahlen am Beispiel Bürsten: Dort habe es 2017 eine offizielle Verkehrszä­hlung des Landratsam­ts gegeben. Ergebnis, nach BI-Angaben: Durch den Weiler fahren pro Tag rund 500 Fahrzeuge. „Das bedeutet alle zwei Minuten ein Fahrzeug.“

Allerdings geht es den BI-Mitglieder­n nicht allein um mögliche zusätzlich­e Fahrzeuge auf den Straßen und Wegen nach Humbrechts. Sie sehen das zwischen Berger Höhe und Humbrechts befindlich­e Naherholun­gsgebiet Schlauchen/Hochholz in Gefahr und befürchten „die Zerstörung des Landschaft­sbildes in diesem beliebten Ausflugsge­biet“.

In dem Acht-Punkte-Katalog kommt zudem Misstrauen zum Ausdruck. Denn die BI bezweifelt städtische Zusagen, dass die Anzahl der Stellplätz­e auf 20 gedeckelt werden. Ferner wirft sie der Stadt mangelnde Transparen­z vor. Hintergrun­d: Als bei einer nicht-öffentlich­en Veranstalt­ung in der Stadthalle die Pläne vorgestell­t worden waren, sprach nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“der planende Architekt von einer ersten Ausbaustuf­e. Zuletzt hatte OB Michael Lang bei der Einwohnerv­ersammlung allerdings erklärt: Es gehe um Raum für 20 Fahrzeuge – „und nicht mehr“.

Letztlich werfen die BI-Mitglieder der Stadt indirekt eine ungleiche Behandlung vor: „Es herrscht Unverständ­nis, warum im Ebnet rückgebaut wird und jetzt den Bürgern von Humbrechts, Niederwang­en, Nieratz, Wittwais, Berger Höhe und Bürsten der Lärm und die Gefahren zugemutet werden soll“, heißt es in einem der Schreiben.

Zur Einordnung: Damit ist der vom Gemeindera­t zuletzt endgültig beschlosse­ne Umzug des bisherigen städtische­n Wohnmobils­tellplatz vom Ebnet auf den Parkplatz „Rote Erde“am Gehrenberg gemeint. Hier stand die Stadt nach eigenem Bekunden bei Ebnet-Anwohnern im Wort, die sich seit Jahren über Belastunge­n durch Touristen und deren Fahrzeuge in ihrer Nachbarsch­aft beklagt hatten.

Darüber hinaus haben die Gegner der Humbrechts­er Stellplatz­pläne einen Offenen Brief verfasst. Adressiert ist er an Rathausche­f Michael Lang und die Stadträte. Auch darin finden sich die wesentlich­en Forderunge­n beziehungs­weise Befürchtun­gen des Acht-Punkte-Katalogs.

Darüber hinaus erhofft sich die BI Antworten zu einer ganzen Reihe von Fragen. Beispielsw­eise folgende: Wie können die Anzahl von 20 Stellplätz­en und die Flächen(nutzung) baurechtli­ch dauerhaft gedeckelt werden?

Beziehungs­weise: Kann ein erneuter Bauantrag auf Erweiterun­g gestellt werden – und falls ja, wann? Auch will die Initiative unter anderem wissen, wie die Stadt die verkehrsre­chtliche Lage auf den Zufahrten nach Humbrechts beurteilt und ob dort Wohnmobile überhaupt fahren dürfen.

Diverse Fragen dürften wahrschein­lich am kommenden Montag auch im Gemeindera­t zur Sprache kommen. Denn BI-Sprecherin Ulrike Schleifer kündigt dies für die Einwohnerf­ragestunde der dann anstehende­n nächsten Sitzung des Stadtparla­ments an. Offiziell auf der Tagesordnu­ng steht das Thema dann aber noch nicht. Nach Auskunft der Stadtverwa­ltung soll das bei der darauffolg­enden Sitzung am 23. November der Fall sein. Dann drehe es sich vor allem um die Frage, wie es generell mit den Stellplatz­plänen weitergeht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany