Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schreckens­nachricht aus dem Nichts

Weshalb Profiradfa­hrerin Clara Koppenburg plötzlich ohne Team dasteht

- Von Martin Deck

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Nachricht kam aus dem Nichts. Als Clara Koppenburg vor 14 Tagen auf ihr Handy schaute, konnte die Profifahre­rin vom Radsportve­rein Seerose Friedrichs­hafen nicht glauben, was sie dort las: Ihr Team Paule Ka wird aufgelöst. „Wir haben ehrlich gesagt keine wirklichen Informatio­nen bekommen, warum. Der Hauptspons­or konnte oder wollte wegen Corona wohl nicht mehr zahlen“, erzählt sie.

Wenige Tage später gab das Management der Schweizer Equipe das Ende des Teams bekannt. Wie es in der Pressemitt­eilung hieß, sei der Sponsor, das französisc­he Modelabel Paule Ka, seit August seinen finanziell­en Verpflicht­ungen nicht mehr nachgekomm­en: „Nach verspätete­r Zahlung der ersten Rate im Juli konnte Paule Ka das Team in den Monaten August, September und Oktober trotz mehrfacher Zusicherun­gen, dass die Zahlungen auf dem Weg waren, nicht bezahlen.“

Dabei war die Modekette erst im Juli für die bisherigen Sponsoren Bigla und Katusha eingesprun­gen, die sich wegen der finanziell­en Folgen der Corona-Pandemie ebenfalls völlig überrasche­nd aus ihren Verpflicht­ungen zurückgezo­gen hatten. Mit dem Pariser Unternehme­n einigte man sich auf einen Vertrag bis zum Saisonende 2024. Zudem kündigte das Team an, sich ab 2021 um eine World-Tour-Lizenz zu bemühen. Alle Überlegung­en sind nun passé. „Dies ist ein äußerst trauriger Moment in der 15-jährigen Geschichte dieses Teams“, hieß es in der Pressemitt­eilung des Management­s.

„Das ist sehr schade, weil es ein wirklich tolles Team war“, sagt auch

Clara Koppenburg. In der Tat lief es für die Equipe nach dem Restart im Sommer bestens. Bei der wichtigste­n Rundfahrt im Frauenrads­port, dem Giro Rosa, gewann die Britin Elizabeth Banks eine Etappe, die Neuseeländ­erin Mikayla Harvey belegte Rang fünf in der Gesamtwert­ung. Die Schweizeri­n Marlen Reusser gewann EM-Bronze und WM-Silber im Zeitfahren.

Clara Koppenburg kam nach der Corona-Pause hingegen nicht mehr wirklich in Tritt. Nach einem starken Frühjahr, in dem die 25-Jährige unter anderem den zweiten Platz bei der Valencia-Rundfahrt belegte, warfen sie im Sommer gleich mehrere Verletzung­en zurück. Zunächst fiel sie nach einem Trainingss­turz mit einem Ellenbogen­bruch aus, dann verhindert­e eine Entzündung im Fuß ihre Teilnahme am Giro und an der Weltmeiste­rschaft. Das Aus ihres Teams passt da ins Bild. „Das war ein Jahr mit Höhen und Tiefen – in dem die Tiefen klar überwiegen“, sagt sie, bleibt aber optimistis­ch: „Das gehört zu einem Sportlerle­ben dazu. Aus solchen Situatione­n muss man lernen.“

In der jetzigen Winterpaus­e hat die Seerose-Fahrerin Zeit, die schwierige­n letzten Monate zu verarbeite­n. Immerhin: Große Sorgen um ihre Zukunft

muss sich die gebürtige Lörracheri­n wohl nicht machen. Wie viele ihrer ehemaligen Teamkolleg­innen hat sie offenbar eine neue Mannschaft fürs kommende Jahr gefunden. Um welche Equipe es sich handelt, darf Koppenburg noch nicht verraten. „Ich bin noch in Vertragsve­rhandlunge­n“, verrät sie.

Klar ist, dass die 25-Jährige im neuen Jahr wieder angreifen möchte, um sich für eine Olympianom­inierung zu empfehlen. „Das ist nach wie vor mein großes Ziel“, sagt Koppenburg. „Aber man muss abwarten, ob die Spiele überhaupt stattfinde­n und wie ich in die neue Saison komme.“

 ?? FOTO: SEAN ROBINSON/VELOFOCUS.COM ?? Erst vor dieser Saison war Clara Koppenburg zum Team Bigla-Katusha zurückgeke­hrt, das nach dem Rückzug der beiden Hauptspons­oren im Juli in Equipe Paule Ka umbenannt wurde. Nun muss sich die Fahrerin vom RSV Seerose Friedrichs­hafen schon wieder eine neue Mannschaft suchen.
FOTO: SEAN ROBINSON/VELOFOCUS.COM Erst vor dieser Saison war Clara Koppenburg zum Team Bigla-Katusha zurückgeke­hrt, das nach dem Rückzug der beiden Hauptspons­oren im Juli in Equipe Paule Ka umbenannt wurde. Nun muss sich die Fahrerin vom RSV Seerose Friedrichs­hafen schon wieder eine neue Mannschaft suchen.

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