Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mundraub aus der Luft
Der Mensch hält sich ja gemeinhin für die Krone der Schöpfung. Immerhin hat er geniale Erfindungen ersonnen, das Smartphone etwa, den Laubbläser oder den Leberkäswecken. Doch ein Blick in die Tierwelt kann vor Hochmut bewahren: Es gibt Lebewesen auf diesem Planeten, die sind hochintelligent, werden aber entweder für niedlich oder brutal gefährlich gehalten. Und dann gibt es da noch die Kategorie „blöde Viecher“. Möwen fallen in letztere. Mit ihrem unmelodischen Geschrei und dem Talent, inmitten einer Menschenmenge genau den Passanten als Kot-Zielscheibe ausfindig zu machen, dessen Mantel gerade frisch aus der Reinigung kommt.
Einer neuen Studie zufolge sind die Vögel jedoch intelligenter als angenommen. Vor allem, wenn es um Nahrungsbeschaffung geht. Forscher der Universität im englischen Exeter haben herausgefunden, dass Möwen den Menschen quasi aufs Maul schauen und das Essverhalten dann imitieren. Sie schauen zu, welches Essen die Menschen berühren, und schlussfolgern daraus, dass es sich um etwas handelt, was klauenswert ist. Ob Fischbrötchen, Pommes oder Pizza, ist dabei scheinbar egal. Ob es Reste auf dem Tisch sind oder sich die Nahrung noch in Menschenhand befindet, wohl auch. Wer sich schützen will: Wenn Möwen sich beobachtet fühlen, sind Raubzüge unwahrscheinlicher. Ziehen sie keine Blicke auf sich, trauen sie sich mehr.
Ein Problem, das sich evolutionär von selbst lösen könnte. Vollgestopft mit Pizza und Pommes entwickelt sich die Möwe langfristig zum flugunfähigen Gefieder. (dre)