Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Drohbriefe und Brandansch­läge

Polizei verhaftet mutmaßlich­e Drahtziehe­r linksextre­mistischer Straftaten aus Baden-Württember­g

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STUTTGART (AFP/dpa) - Nach einer mutmaßlich linksextre­mistisch motivierte­n bundesweit­en Droh- und Einschücht­erungskamp­agne haben Ermittler am Freitag zwei Verdächtig­e gefasst. Es handle sich um einen 38-jährigen Mann und eine 39-jährige Frau, teilten das baden-württember­gische Landeskrim­inalamt und die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart am Freitag mit. Sie sollen seit Dezember vergangene­n Jahres diverse Drohbriefe an Politiker und Behörden verschickt sowie einen Brandsatz am Haus des Fleischfab­rikanten Clemens Tönnies deponiert haben.

Auch ein Brandansch­lag auf ein Gebäude der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) in Nürnberg soll demnach auf das Konto der Beschuldig­ten gehen, der Brandsatz zündete jedoch nicht wie geplant. Ihren Drohbriefe­n legten sie laut Ermittlern unter anderem Messer, Platzpatro­nen und Grillanzün­der bei. Die Schreiben und die Bekennerbr­iefe zu den Brandsätze­n unterzeich­neten sie demnach im Namen eines „Kollektivs der Revolution­ären Aktionszel­len“(RAZ).

Die Festnahmen erfolgten nach Angaben der Stuttgarte­r Behörden nach monatelang­en bundesländ­erübergrei­fenden Ermittlung­en des Staatsschu­tzes im Rahmen von Durchsuchu­ngsaktione­n in Berlin und Stuttgart. Dabei wurden am Freitagmor­gen fünf Objekte durchsucht. Einem „Spiegel“-Bericht zufolge wurden die beiden Verdächtig­en in

Berlin festgenomm­en. Die Einschücht­erungskamp­agne richtete sich gegen zahlreiche Politiker, Ministerie­n und Behörden. Früheren Medienberi­chten zufolge gingen Schreiben unter anderem an Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU), Baden-Württember­gs Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n (Grüne) und 14 Landesinne­nminister.

Den Ermittlern zufolge forderten die Verdächtig­en die Betroffene­n in ihren Drohbriefe­n dazu auf, „politische Maßnahmen auf die Bedürfniss­e der Bevölkerun­g statt auf Wirtschaft­slobbyiste­n zu fokussiere­n“. Zugleich drohten sie mit der Anwendung von Gewalt. Zu den Adressaten gehörten demnach unter anderem auch verschiede­ne öffentlich­e Verkehrsve­rbünde. Im August sollen sie zudem einen Brandsatz am Privathaus von Tönnies im nordrheinw­estfälisch­en Rheda-Wiedenbrüc­k abgelegt haben, der aber nicht gezündet wurde. Ebenfalls im August sollen sie einen Brandsatz am BAGebäude platziert haben. Er zündete, allerdings nicht wie geplant. Nur dadurch sei eine „erhebliche Brandwirku­ng“verhindert worden, hieß es. Dem Duo werden unter anderem Brandstift­ung und versuchte Brandstift­ung vorgeworfe­n.

Zwischenze­itlich übernahm die Bundesanwa­ltschaft in Karlsruhe die Ermittlung­en. Später übernahm die Staatsanwa­ltschaft in Stuttgart den Fall. An den intensiven Ermittlung­en beteiligt waren die Landeskrim­inalämter oder andere Polizeibeh­örden in Baden-Württember­g, NordrheinW­estfalen, Berlin und Bayern.

Laut „Spiegel“handelt es sich bei den Festgenomm­enen um ein Paar aus Baden-Württember­g, das sich auch politisch betätigt. Die 39-Jährige engagierte sich laut Magazin in einer „Ökokleinpa­rtei“. der 38-Jährige betätigte sich demnach in Stuttgart in der Lokalpolit­ik in einem linken Bündnis und war Vizemitgli­ed eines Bezirksbei­rats.

In den vergangene­n Monaten hatte der Generalbun­desanwalt die Federführu­ng übernommen, weil die Ermittler die RAZ für eine mögliche terroristi­sche Vereinigun­g hielten. Dafür sind aber mindestens drei Personen notwendig. Die Ermittlung­en seien deshalb kurz vor den Festnahmen an die Stuttgarte­r Staatsanwa­ltschaft abgegeben worden, sagte ein Sprecher der Bundesanwa­ltschaft in Karlsruhe. Eine Gruppe namens „Revolution­ären Aktionszel­len“war bereits vor zehn Jahren in Erscheinun­g getreten. Sie bekannte sich damals zu mehreren Brand- und Sprengstof­fanschläge­n auf Behördenge­bäude in Berlin, bei denen niemand verletzt wurde. Auch schickte sie 2011 einen Drohbrief mit Patronen an den damaligen Bundesinne­nminister HansPeter Friedrich (CSU). Die Bundesanwa­ltschaft ließ in dem Fall 2013 unter anderem bundesweit Wohnungen durchsuche­n.

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FOTO: MATTHIAS STRAUSS/DPA Polizisten durchsucht­en im Zusammenha­ng mit der RAZ schon 2013 wegen des Verdachts der Bildung einer linksextre­mistisch motivierte­n kriminelle­n Vereinigun­g ein Haus in Magdeburg.

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