Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Frankreich rüstet sich

Soldaten schützen nach Messerangr­iff Schulen und Gotteshäus­er – Ermittlung­en in Italien und Tunesien

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NIZZA/ROM (dpa) - Nach dem Messerangr­iff in Nizza mit drei Toten verstärkt die französisc­he Regierung den Schutz von Schulen oder Gotteshäus­ern. Dazu werden auch Soldaten der inländisch­en Anti-Terror-Mission „Sentinelle“eingesetzt. Das kündigte Armeeminis­terin Florence Parly am Freitag nach der Sitzung eines von Staatschef Emmanuel Macron geleiteten Verteidigu­ngsrates in Paris an.

Es werden 7000 Sicherheit­skräfte mobilisier­t, unter ihnen 3500 Reserviste­n der zu den Streitkräf­ten gehörenden Gendarmeri­e, wie Innenminis­ter Gérald Darmanin ergänzte. Eine besondere Verstärkun­g mit 120 Polizisten werde es für die Mittelmeer­metropole Nizza geben. Außenminis­ter Jean-Yves Le Drian kündigte an, auch französisc­he Einrichtun­gen im Ausland wie Schulen würden geschützt. „Die Bedrohung ist überall“, sagte er.

Ein illegal eingereist­er Tunesier hatte am Donnerstag laut Ermittlern drei Menschen in Nizza mit einem Messer getötet; zwei Opfer wurden in der Kirche Notre-Dame im Stadtzentr­um aufgefunde­n. Der Angreifer wurde von Polizisten schwer verletzt und kam in ein Krankenhau­s. Die Tat hatte weltweit Entsetzen und Anteilnahm­e ausgelöst. Bürgermeis­ter Christian Estrosi kündigte an, die Kirche könne möglicherw­eise schon am Wochenende wieder geöffnet werden.

Ermittler nahmen einen 47-jährigen Mann in Gewahrsam. Er soll am Vorabend der Tat Kontakt mit dem Angreifer gehabt haben, bestätigte­n Justizkrei­se. Frankreich rief nach dem Angriff die höchste Terrorwarn­stufe aus. Macron hatte angekündig­t, dass der „Sentinelle“-Einsatz von bisher 3000 auf nun 7000 Soldaten aufgestock­t werde. Innenminis­ter Darmanin schloss weitere Anschläge nicht aus „Wir sind im Krieg“, sagte er im Sender RTL. Das Land kämpfe gegen eine „islamistis­che Ideologie“. Man müsse leider hinnehmen, dass weitere Taten möglich seien. In den vergangene­n Wochen seien 14 radikalisi­erte Ausländer ausgewiese­n worden. Die bürgerlich­e Rechte und die Rechtsauße­npartei Rassemblem­ent National (früher: Front National) begannen nach der Bluttat eine Debatte über Einwanderu­ng.

In Italien sorgt die Attacke bereits für harte politische Debatten. Innenminis­terin Luciana Lamorgese wies Vorwürfe zurück, wonach italienisc­he Behörden für den Angriff in der südfranzös­ischen Küstenstad­t mitverantw­ortlich sein könnten. Zugleich bestätigte sie in Rom, dass der tunesische Terrorverd­ächtige vor über einem Monat in Italien in die Europäisch­e Union eingereist war. Zuvor hatte die rechte Opposition um ihren Vorgänger, den Lega-Chef Matteo Salvini, der Mitte-links-Regierung eine zu laxe Migrations­politik vorgeworfe­n. Salvini forderte den Rücktritt Lamorgeses, weil der Attentäter nach bisherigen Angaben unbemerkt von Italien nach Frankreich weiterreis­en konnte. „Auf unserer Seite liegt keine Verantwort­ung“, sagte Lamorgese. Der Verdächtig­e war nach ihren Angaben am 20. September mit einem Migrantenb­oot

auf die Mittelmeer­insel Lampedusa angekommen. Er habe am 9. Oktober eine Ausweisung erhalten, die er ignoriert habe. Weder die tunesische­n Behörden noch die Geheimdien­ste hätten Italien vor Gefahren durch den Mann gewarnt. Auch die tunesische­n Behörden ermitteln gegen den Mann. Gemäß dem Recht des Landes werde jeder Tunesier strafrecht­lich verfolgt, der in Terrorakte verstrickt sei, egal ob im Inland oder Ausland, sagte ein tunesische­r Justizspre­cher. Der Mann kommt dem arabischen Nachrichte­nsender Al-Arabija zufolge aus einem Ort nahe der tunesische­n Küstenstad­t Sfax. Die Mutter sagte dem

Sender, ihr Sohn habe sie in dieser Woche angerufen und erzählt, dass er nach Frankreich gereist sei. Von seinen Plänen habe sie nichts gewusst. Der Bruder des Angreifers erklärte dem Sender, dieser habe gesagt, er wolle vor der Kirche die Nacht verbringen. Er habe ihm von dort auch ein Foto geschickt.

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FOTO: THIBAULT CAMUS/DPA Frankreich setzt aufgrund der anhaltende­n Terrorgefa­hr Soldaten zum Schutz ein.

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