Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nächstes Vergabe-Desaster

Bundeswehr könnte noch Jahre auf neues Gewehr warten

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG/BERLIN - Nach einer Sondersitz­ung des Verteidigu­ngsausschu­sses des Bundestags zu den Problemen um die Auftragsve­rgabe für das neue Sturmgeweh­r der Bundeswehr fordert Obmann Tobias Lindner (Grüne) einen Stopp des Vergabever­fahrens. „Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-Karrenbaue­r sollte das Vergabever­fahren nun stoppen und neu überlegen, wie es mit der Thematik Sturmgeweh­r für die Bundeswehr weitergeht“, sagt Linder im Anschluss an das Treffen am Freitag der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Besser ein Ende mit Schrecken.“

Das Verteidigu­ngsministe­rium hatte die Vergabe des neuen Sturmgeweh­rs an den Thüringer Hersteller C. G. Haenel zunächst zurückgezo­gen. Es begründete die Entscheidu­ng mit möglichen Patentrech­tsverletzu­ngen zulasten des unterlegen­en Bieters Heckler & Koch. Dieser beklagt auch, dass es Verstöße im Vergabever­fahren gegeben habe. Bei der Sitzung anwesend waren neben Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU) und ihrem Staatssekr­etär Benedikt Zimmer auch die Präsidenti­n des Beschaffun­gsamtes der Bundeswehr, Gabriele Korb.

Der Obmann des Verteidigu­ngsausschu­ss Lindner hat Zweifel daran, dass Kramp-Karrenbaue­r die Vergabe nur wegen der möglichen Patentrech­tsverletzu­ngen gestoppt hat. Es bestehe vielmehr der Verdacht, dass das Beschaffun­gsamt dem thüringisc­hen Bieter C. G. Haenel die Möglichkei­t von unzulässig­en Nachverhan­dlungen eingeräumt hat. „Wir haben verlässlic­he Hinweise, dass die möglichen Patentrech­tsverletzu­ngen

nur die halbe Wahrheit und als Grund vorgeschob­en sind.“

Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“bedauert Lindner, dass die Ministerin bei der Sondersitz­ung keine Aufklärung leisten wollte. „Wir haben heute über eineinhalb Stunden hinweg mit der Ministerin in vertraulic­her Sitzung versucht, Licht in das Dunkel dieses Vergabever­fahrens zu bringen. Die Anzahl möglicher rechtliche­r Risiken ist immens“, sagt Lindner. „Wir müssen damit rechnen, dass ein unterlegen­er Bieter am Ende klagen wird und vermutlich erst nach neun bis zwölf Monate eine Entscheidu­ng rechtskräf­tig ist.“Am Ende werde nicht das beste Gewehr für die Truppe stehen, sondern das Produkt gewinnen, dessen Hersteller die besten Anwälte habe. Die Folge könnte sein, dass die Bundeswehr noch Jahre auf ein Sturmgeweh­r warten muss.

Weder die Ministerin noch ihr Haus wollten sich im Anschluss an die Sitzung zu Details äußern.

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FOTO: DPA Bundeswehr­soldat mit Sturmgeweh­r: Die neue Waffe soll das aktuell benutzte G36 ersetzen.

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