Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Schalke bleibt auch gegen Stuttgart sieglos
Beim 1:1 sind die Gäste vor allem nach der Pause klar überlegen – Gonzalez gleicht Thiaw-Führung aus
GELSENKIRCHEN (zak/dpa/SID) Ob er Mitleid mit seinem Kollegen Manuel Baum habe, wurde VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo vor dem 1:1 der Stuttgarter beim nun seit 22 Spielen sieglosen FC Schalke gefragt. Nein, habe er nicht, sagte der 42-Jährige. Baum werde schon das Potenzial der Schalker erkannt haben, wissen, wo er ansetze. Tatsächlich ist das Personal der Schalker, das die ExStuttgarter Jochen Schneider und Michael Reschke verantworten, so schlecht nicht. Auf 170 Millionen Euro wird die Mannschaft taxiert, und ihr Prunkstück, den laut transfermarkt.de 29 Millionen Euro teuren Innenverteidiger Ozan Kabak, luchsten die Schalker trotz 200 Millionen Euro Schulden vor 16 Monaten eben den Stuttgartern ab.
„Wir sind wie eine neue KetchupFlasche, auf die man nach dem Öffnen erst noch einmal klopfen muss, damit etwas herauskommt. Wir klopfen noch“, hatte Baum vor der Partie gesagt. Tatsächlich gab es für die Schalker erstmals in dieser Saison ein positives Klopfgefühl: Sie gingen in Führung. Nach 30 Minuten und einem völlig unnötigen Foul von VfB-Verteidiger Marc Oliver Kempf 40 Meter vor dem Tor flankte Amine Harit in den Strafraum, wo Malick Thiaw in seinem zweiten Bundesligaspiel von Anfang an keine Mühe hatte, den Ball per Kopf ins lange Eck zu drücken. Orel Mangala hatte den in Deutschland aufgewachsenen, 19 Jahre jungen finnischen Innenverteidiger sträflich im Stich gelassen.
Wenn man ehrlich sein will, war es allerdings die einzige wirklich gelungene Aktion der Gelsenkirchener bei einem 1:1, das dem Abstiegskandidaten nicht arg viel weiterhilft. Vor allem nach der Pause und nach dem 1:1-Ausgleich durch einen Elfmeter des eingewechselten Nicolas Gonzalez – Schalke-Verteidiger Sané hatte einen Kopfball des Torjägers im Strafraum mit der Hand abgewehrt (56.) – war Stuttgart die klar bessere Mannschaft. Am Ende hatte das Matarazzo-Team, das zuvor in Mainz und Berlin gewann und auswärts weiterhin ungeschlagen bleibt, nicht von ungefähr 20:9 Torschüsse.
Bereits nach fünf Minuten hätte der VfB, bei dem Flügelwirbler Silas Wamangituka zunächst auf der Bank blieb, in Führung gehen können. Mateo Klimowicz, der überraschend für Daniel Didavi in der Startelf stand, nahm einen Ball per Dropkick und schoss aus 17 Metern nur um Zentimeter vorbei. Stuttgart wirkte in einem nervösen Spiel technisch stärker, überlegter, homogener.
Baum dagegen konnte auch im vierten Spiel das Ruder nicht herumreißen. Zwei Punkte und 2:9 Tore stehen in seiner mageren Zwischenbilanz.
Immerhin durfte sich der ExAugsburger das 1:0 ans Revers heften: Anders als sein gefeuerter Vorgänger David Wagner setzt der ehemalige U20-Nationaltrainer in der Krise auf die Jugend und machte Abwehrtalent Thiaw zum Stammspieler.
Baum konnte wieder auf Stürmer Mark Uth zurückgreifen, der wegen muskulärer Probleme zwei Wochen gefehlt und dessen „extreme Torgefahr“der Coach vermisst hatte. „Er geht voran und übernimmt Verantwortung“, sagte Baum: „Ganz entscheidend wird, dass wir Aktivität in unser Spiel nach vorne kriegen.“
Wie das geht, zeigte aber eher der VfB. Während die Gäste nach Balleroberung schnell und schnörkellos nach vorne spielten, tat Schalke sich schwer, Tempo aufzunehmen. Den Ball in den eigenen Reihen zu halten und die Verunsicherung zu vertreiben, war die erste Aufgabe.
Der Stuttgarter Strafraum blieb so lange unentdecktes Territorium, auch wenn Uth sich als Spielgestalter im Mittelfeld versuchte. Folgerichtig war Schalkes Frederik Rönnow der erste Torwart, der eingreifen musste: Einen Distanzschuss von Pascal Stenzel faustete der Däne über die Latte (25.). Beim Elfmeter war Rönnow chancenlos, hielt gegen den mmer stärker werdenden VfB in der letzten halben Stunde aber zumindest einen Punkt fest. Ein Trost für die Schalker ist das kaum: Nur Tasmania Berlin war vor 55 Jahren noch länger erfolglos (31 Spiele) als die Knappen, die ihren schlechtesten Saisonstart seit 1967 hinlegten.