Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Towerstars leihen sich Nationaltorwart Treutle aus
Eishockey-Zweitligist Ravensburg reagiert auf langen Ausfall von Goalie Langmann – DEL2 profitiert weiter von Pause in erster Liga
RAVENSBURG - Spektakuläre Wechsel aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) in die DEL2 sind gerade an der Tagesordnung. Patrick Reimer spielt – so lange die DEL noch nicht in ihre Saison startet – beim ESV Kaufbeuren. Moritz Müller und Marcel Müller sind von den finanziell extrem angeschlagenen Kölner Haien zu den Kassel Huskies gegangen, um Spielpraxis zu bekommen. Die Ravensburg Towerstars haben nun – zwangsweise – ebenfalls noch einmal in der DEL zugegriffen.
Nach Tim Bender haben die Ravensburger einen zweiten Spieler von den Nürnberg Ice Tigers ausgeliehen. Niklas Treutle, 29-jähriger Nationaltorwart, kommt für vier Wochen nach Oberschwaben. Wenigstens vier Wochen lang haben die Towerstars nun zwei erfahrene Goalies zur Verfügung. Denn dass sich die Ravensburger um Treutle bemüht haben, liegt an der schweren Verletzung von Jonas Langmann. Der Towerstars-Goalie, einer der Rückkehrer der Meistermannschaft von 2019, hat sich im Testspiel gegen die Bietigheim Steelers in der Vorwoche doch schlimmer verletzt als gedacht. Nach der ersten Untersuchung gingen die Ravensburger noch von etwa sechs Wochen aus – nun wird befürchtet, dass Langmann bis Februar ausfallen wird. Und da es bei Nikita Quapp, dessen Vater Waldemar eine Legende des EV Ravensburg ist, noch vertragliche Probleme gibt, hatten die Towerstars akuten Handlungsbedarf auf der Goalie-Position.
„Wir sind froh, dass wir als temporären Ersatz einen Torhüter von diesem Format gefunden haben“, sagt Trainer Rich Chernomaz über Niklas Treutle.
Treutle und Langmann und Nürnberg – war da nicht was? Genau! In der vergangenen Saison bildeten die beiden das GoalieDuo bei den Ice Tigers. Treutle war allerdings die klare Nummer 1, Langmann kam nicht auf die von ihm gewünschte Einsatzzeit. Auch deshalb entschied er sich für die Rückkehr
Leih-Goalie Niklas Treutle
nach Ravensburg. „Das ist ganz bitter für ihn und tut mir furchtbar leid“, sagt Treutle über Langmanns Verletzung. „Er ist ein super Kerl und arbeitet immer hart. Ich werde in den nächsten vier Wochen alles geben, um ihn gut zu vertreten.“Als zusätzliche Absicherung haben die Towerstars auch noch Nachwuchsgoalie Timo Röder vom EV Ravensburg für die DEL2 lizenziert. Der 16-Jährige hütet sonst das Tor der U20.
Treutle machte schon am Freitag eine Trainingseinheit in der CHGArena mit und fuhr am Abend mit zum Testspiel im „Get Ready Cup“bei den Bietigheim Steelers. Dass er in den kommenden vier Wochen in Ravensburg trainieren und spielen darf, freut den Nationaltorwart. „Jetzt ist schon fast November und man sitzt daheim“, sagt Treutle. „Es fehlt einem alles: das Training, der Spielbetrieb.“Um einigermaßen fit zu bleiben, hat sich der 29-Jährige im Sommer selber ein paar private Eiszeiten besorgt und auch mal beim Oberligisten Höchstadt mittrainiert. „Aber ich will Wettkämpfe bestreiten.“Das kann er jetzt in Ravensburg. Zunächst gilt sein Vertrag bei den Towerstars für vier Wochen. Denn die Nürnberg Ice Tigers nehmen als eines von sechs DEL-Teams nicht am Magenta Sport Cup teil. Das wirtschaftliche Risiko wäre für Nürnberg, Köln, Ingolstadt, Augsburg, Iserlohn und Straubing zu groß. Ob die DEL dann tatsächlich Mitte Dezember in die reguläre Saison startet, ist noch unklar.
Davon profitiert die DEL2. Spieler wie Treutle, aber auch wie Patrick Reimer, Moritz Müller oder Düsseldorfs Marco Nowak, der nach Crimmitschau gegangen ist, wären sonst nie in der Zweiten Liga gelandet. „Ich bin richtig glücklich, hier zu sein“, meinte Treutle. Der gebürtige Nürnberger bestritt neben 247 DEL-Spielen auch zwei Partien für die Arizona Coyotes in der nordamerikanischen NHL. In der besten Liga der Welt konnte sich Treutle nicht durchsetzen, dennoch zählt er zu den besten deutschen Goalies. Das zeigt sich auch daran, dass er bei zwei Weltmeisterschaften für Deutschland spielte und inzwischen auf 28 Länderspiele kommt. Nun heißt der Alltag eben vorübergehend DEL2.
In Nordamerika spielt normalerweise auch Joshua Samanski. Der 18Jährige aus dem bayerischen Erding stürmte vergangene Saison für Owen Sound Attack aus der kanadischen Juniorenliga OHL. Dort ist der Spielbetrieb aber für unbestimmte Zeit ausgesetzt. Bis es in Kanada weitergeht, kann Samanski für die Towerstars in der DEL2 spielen.
„Es fehlt einem alles: das Training, der Spielbetrieb. Ich will Wettkämpfe bestreiten.“