Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Spitzenlei­stung

Vor 500 Jahren umschiffte Magellan den südlichste­n Zipfel Amerikas – Der nach ihm benannte Seeweg verbindet Atlantik und Pazifik

- Von Denis Düttmann

Ferdinand Magellan wollte dorthin, wo der Pfeffer wächst. Der portugiesi­sche Seefahrer suchte eine neue Route zu den Gewürzinse­ln und bewies ganz nebenbei, dass die Erde keine Scheibe ist. Vor 500 Jahren umschiffte er die Südspitze von Südamerika und entdeckte die nach ihm benannte Magellanst­raße. Bis zur Eröffnung des Panamakana­ls blieb die Meerenge im heutigen Chile der wichtigste Seeweg zwischen Atlantik und Pazifik.

Im Auftrag der spanischen Krone stach Magellan 1519 von Spanien aus mit fünf Schiffen und rund 240 Mann Besatzung in See. Sein Auftrag war, gen Westen zu segeln und einen Weg zur indonesisc­hen Inselgrupp­e der Molukken zu finden, von wo die zu dieser Zeit äußerst begehrten Gewürze wie Pfeffer, Gewürznelk­en und Muskatnuss stammten. Durch den Vertrag von Tordesilla­s hatten Portugal und Spanien die Welt unter sich aufgeteilt – spanischen Seefahrern war der Weg um Afrika herum zu den Gewürzinse­ln deshalb versperrt.

Nach einer rund 13-monatigen Reise über die Kanarische­n Inseln, die Guanabara-Bucht nahe dem heutigen Rio de Janeiro und die Mündung des Río de la Plata unweit des heutigen Buenos Aires, einer Meuterei und einer langen Winterpaus­e in Patagonien erreichte die Flotte im Herbst 1520 endlich das Kap der Jungfrauen. Ein schwerer Sturm trieb die Schiffe in eine Bucht, die sich in den folgenden Tagen als Durchfahrt zum Pazifische­n Ozean herausstel­lte. Weil er den Seeweg an Allerheili­gen passierte, nannte Magellan die Meeresenge zwischen Patagonien und Feuerland zunächst Allerheili­genstraße.

Zwar wurde die Passage später nach ihm benannt, doch Magellan selbst konnte die Früchte seines Ruhms nie ernten. Er wurde schon kurz nach seiner wichtigen Entdeckung auf den Philippine­n im Kampf mit Einheimisc­hen getötet. Nach fast drei Jahren und über 46 000 Seemeilen einmal um den Erdball kehrte im September 1522 das einzige verblieben­e Schiff, die „Victoria“, mit nicht einmal 20 Mann an Bord nach Spanien zurück.

Dennoch gilt Magellan heute als einer der Vorreiter der Globalisie­rung. Der von ihm entdeckte Seeweg verband Europa, Südamerika und Asien und machte die Besiedelun­g der Pazifikküs­te Südamerika­s durch die Europäer erst möglich. Gegenüber dem weiter südlich gelegenen Kap Hoorn mit seinen heftigen Stürmen

blieb die von Inseln und Fjorden geschützte Magellanst­raße lange Zeit die bevorzugte Route der Seefahrer.

„Die Heldentat von Magellan ist ein Meilenstei­n der Menschheit­sgeschicht­e. Die erste Weltumsege­lung erbrachte nicht nur den Beweis, dass die Erde eine Kugel ist, sondern vergrößert­e die Welt auch, legte Verbindung­en zu neuen Kulturen und Regionen und hinterließ uns eine neue Form, uns global zu verbinden“, schreibt der Historiker Aldo Fredes Gallardo von der chilenisch­en Universitä­t San Sebastián.

Mit der Eröffnung des Panamakana­ls 1914 begann der Stern der Magellanst­raße

allerdings zu sinken. Die Wasserstra­ße in Mittelamer­ika verkürzt die Strecke beispielsw­eise von der US-Ostküste an die US-Westküste um etwa 12 000 Kilometer und mehrere Wochen Fahrtzeit. Heute ist der Panamakana­l eine der wichtigste­n Wasserstra­ßen der Welt. Pro Jahr passieren etwa 14 000 Schiffe den Kanal, etwa sechs Prozent des Welthandel­s werden durch ihn abgewickel­t.

Allerdings könnte der Klimawande­l den berühmten Kanal in den kommenden Jahren vor ernsthafte Schwierigk­eiten stellen. „Wir haben neue Chancen und Bedrohunge­n gesehen – die größte Bedrohung ist der Klimawande­l, der uns natürlich auch betrifft“, sagt der Verwaltung­schef des Kanals, Ricaurte Vásquez. Da in der Region immer weniger Regen fällt, gleichzeit­ig aber die Temperatur­en steigen und damit die Verdunstun­g zunimmt, sinkt der Wasserstan­d des künstliche­n Gatún-Sees, durch den der Wasserweg führt. Das wirkt sich negativ auf die Schiffbark­eit aus.

Im Norden hingegen öffnet der Klimawande­l ganz neue Routen. Weil das Eis am Nordpol schmilzt, ist die Nordostpas­sage entlang der russischen Küste jetzt immer häufiger passierbar. Die Fahrt von Europa nach Asien lässt sich auf dieser Strecke um etwa zehn Tage verkürzen. Umweltschü­tzer warnen allerdings bereits vor Schäden für die empfindlic­hen Ökosysteme in der Region, sollte der Schiffsver­kehr auf der Nordostpas­sage deutlich zunehmen.

An der Magellanst­raße hingegen ist es ziemlich ruhig geworden was den Schiffsver­kehr betrifft. Die zahlreiche­n Inseln und Seitenarme der Meeresenge gelten heute vielmehr als einsames Naturparad­ies. Seitdem die großen Handelsstr­öme andere Wege gehen, gehört der windzerzau­ste Flecken Erde wieder den Tieren, allen voran den Pinguinen, Seelöwen und Albatrosse­n. (dpa)

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Die Magellanst­raße ist heute als Seeweg nicht mehr sonderlich gefragt.
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GRAFIK: A.BRÜHL/DPA Die Route der Weltumsegl­ung Magellans.

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