Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Bitte Sie, Menschen zu helfen, die sonst sterben“
Warum der schwer erkrankte Kreissparkassen-Vorstand Norbert Martin dringend Stammzellen benötigt
KREIS RAVENSBURG - „Es hat mir einfach die Füße unter dem Boden weggezogen“, beschreibt Norbert Martin jenen Moment, als er die Diagnose erhielt. Es war an seinem 61. Geburtstag, vor wenigen Wochen. In der Region ist Norbert Martin als Marathonläufer, bodenständiger Kreissparkassen-Vorstand, Vorstandssprecher des Wirtschaftsforums pro Ravensburg, Vorstandsmitglied des FV Ravensburg und vieles mehr bekannt. Vielen Vereinen und Institutionen hat er schon geholfen. Nun benötigt er selbst Hilfe – und einen „genetischen Zwilling“.
Im Juni hat er noch am interaktiven Zwölf-Stunden-Lauf in Amtzell teilgenommen. Damals war für Norbert Martin und seine Familie die Welt in Ordnung. „Ich fühlte mich noch topfit“, erzählt Martin. Kurz danach verletzte sich Sohn Emil – und ersetzte das Lauftraining mit Radfahren. „Ich lief nebenher“, sagt Martin. Doch der Ausdauerläufer musste regelmäßig nach zwei, drei Kilometern stehenbleiben, fühlte sich schlapp.
Martin vermutete ein Herzproblem, ging zum Kardiologen: „Er sagte mir: Sie haben eine Blutkrankheit.“Zwei Tage später wurde an einer Münchner Klinik Blut und Knochenmark
entnommen. Die Diagnose: Akute Leukämie. Ihr Krankheitsbild: aggressiv und sich sehr schnell im Körper verbreitend. „Im ersten Moment konnte ich es nicht begreifen. Ich dachte: Ich habe doch immer Sport gemacht, hatte im Alltag keine Beeinträchtigung“, erinnert sich der Wangener, der sogar eine Verwechslung
in Betracht zog. Es dauerte, bis er das Erfahrene verarbeitet hatte.
Inzwischen hat er die erste Chemotherapie hinter sich. Ein Tag Infusion, ein Tag Pause, sechs Tage hintereinander. Die Auswirkungen waren erst eine Woche später zu spüren. Die Therapie ist hart – und überdies sehr risikoreich. Dennoch hätte die Krankheit ohne sie binnen weniger Wochen zum Tode geführt. Viel schlimmer als die Therapie sind für Norbert Martin aber die Rahmenbedingungen: getrennt von der Familie und absolut isoliert von der Außenwelt. Das ist notwendig, um sich nichts einzufangen. Denn das Immunsystem ist schon nach dem ersten Therapiezyklus geschwächt. Wie und ob die bisherige Behandlung angeschlagen hat, weiß Norbert Martin noch nicht. Die Ärzte sprechen von einem planmäßigen Verlauf: „Allerdings dauert es bis zu drei Wochen, bis Erfolge oder Misserfolge sichtbar sind.“
Was Martin aber jetzt schon weiß, ist, dass eine Chemotherapie alleine nicht hilft: „Dass ich eine Stammzellenspende brauche, steht nach Aussage der Ärzte fest.“Ebenso ist klar, dass es sehr schnell gehen muss. Zu Hause in Wangen, aber auch in Ravensburg und in seiner früheren Heimat Ludwigshafen am Rhein sind
Aktionen angelaufen. Martin ist in vielen Vereinen beheimatet. Die Kreissparkasse und auch die Volksbank Allgäu-Oberschwaben haben ihre Unterstützung zugesichert. Seine Freunde aus der MTG WangenFrühsportgruppe und des LionsClub Wangen-Isny sind aktiv geworden – und haben die DKMS-Aktion „Gemeinsam für Norbert“ins Leben gerufen. Allesamt suchen sie nach dem, was Norbert Martin und auch weitere Blutkrebserkrankte so dringend brauchen: Stammzellen eines „genetischen Zwillings“.
Wie es ihm inzwischen geht? „Den Umständen entsprechend ganz gut“, sagt Norbert Martin. Die Lungenentzündung, die es in den vergangenen Tagen zusätzlich zu überwinden galt, ist am Ausheilen, das Fieber wieder weg. Seine Zeit verbringt Martin mit „Spaziergängen“auf dem Klinikgang („Dort begegne ich nur dem medizinischen Personal“), Krankengymnastik, lesen und den Kontakten nach draußen: „Ich bekomme sehr viele Telefonanrufe und Nachrichten von vielen lieben Menschen.“Dennoch belastet die Ungewissheit.
In der Klinik sieht Martin auch viele andere Patienten, die das Krankheitsbild mit ihm teilen: „Da geht es auch einigen richtig schlecht.“Was er Menschen, die bislang noch nicht in der Stammzellendatei registriert sind, mit auf den Weg geben möchte? „Ich bitte Sie, anderen und mir zu helfen, die gerettet werden können und ohne Spender sterben werden.“Gesund zu werden und mit der Familie wieder vereint zu sein, ist Norbert Martins Ziel. Dafür will und wird er kämpfen. Nicht alleine. Sondern mit vielen, die mit Norbert Martin nach einem Lebensretter suchen.